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Den Fängen des Zombies entronnen: Hurrikan Leslie bremst uns aus.

29/10/2018

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In Porto bleiben wir wetterbedingt um einiges länger als geplant.








Es könnte schlimmer sein.
Unser Alltag hier an Bord der OKOUMÉ unterscheidet sich in einem Punkt besonders stark von unserem früheren Leben an Land: Als wir noch in Seegräben wohnten, bestimmten verschiedene Faktoren unseren Zeitplan, hauptsächlich die Arbeit, aber auch der Fahrplan sowie die Öffnungszeiten von Geschäften oder Verabredungen mit Freunden in der Freizeit. Das Wetter spielte für den Tagesablauf nur eine untergeordnete Rolle. Dies könnte nun anders nicht sein, denn das Wetter ist das allbestimmende Element. Unser schwimmendes Zuhause und somit auch seine Crew sind Wind, Seegang und der Witterung direkt ausgesetzt. Unser Bordalltag und unsere Aktivitäten richten sich hauptsächlich nach dem Wetter: Ist der Wind (und fast noch wichtiger: sind die Wellen) günstig für den nächsten Schlag südwärts? Können wir das Boot im jeweiligen Hafen unbeaufsichtigt liegen lassen für den geplanten Landausflug oder droht Gefahr durch die bald erwartete Front? Werden wir in der Nacht gut schlafen können oder wird uns der auf das Deck prasselnde Regen wach halten? Das Wetter bestimmt, wo es lang geht, und wir müssen uns anpassen. Dass nicht alles nach unseren Köpfen gehen kann und wie klein wir im Vergleich zu den Kräften der Natur sind, haben wir vor Kurzem einmal mehr deutlich zu spüren bekommen:

Am 5. Oktober laufen wir bei besten Bedingungen in den Fluss Douro ein und machen in der nur wenige Kilometer vom Stadtzentrum Portos entfernten Marina Douro fest. Das Timing stimmt: Drei Tage später trifft Thomas‘ Schwester Käthi in Porto ein. Sie verbringt bei uns an Bord ihre Ferien und wir wollen zusammen in eineinhalb Wochen nach Lissabon segeln. Die rund 170 Seemeilen sollten in dieser Zeit unter normalen Umständen gut zu schaffen sein. Doch es kommt alles anders. Hurrikan Leslie, der sich schon seit Ende September im nördlichen Atlantik herumtreibt, kommt der Küste Portugals immer näher und sorgt für ungewöhnlich viel Südwind (da wollen wir doch hin!) und stetig hohen Seegang in unserer Region. Am 11. Oktober sehen die Bedingungen jedoch relativ günstig aus und wir verlassen früh morgens unseren Liegeplatz in der Douro Marina, um die rund 65 Seemeilen bis zum nächsten Hafen – Figueira da Foz – noch bei Tageslicht hinter uns bringen zu können. Der Betonnung entlang tasten wir uns zur Ausfahrt aus dem Douro vor, drehen jedoch vor der Ausfahrt ins offene Meer wieder um. Auf der Barre bricht sich die wilde See; der Ebbstrom steht dem von Westen heranlaufenden Schwell entgegen und es sieht aus wie in einer Waschmaschine. Auch an den nächsten Tagen ist an ein Auslaufen für uns nicht zu denken, denn Leslie fängt nun an „Sperenzchen“ zu machen. Gemäss den neuesten Wettermodellen wird der Hurrikan tatsächlich irgendwo an der portugiesischen Küste Landfall machen. Wo genau kann noch niemand sagen, denn Leslie ändert immer wieder unberechenbar ihren Kurs. Weil sie scheinbar ziellos hin und her irrt, bekommt sie in den Zeitungen bald den Übernamen „the zombie“. In der Nacht vom 13. auf den 14. Oktober ist es dann soweit: Gemäss den Wetterberichten soll Leslie nun „endlich“ auf Land treffen. Das meist verbreitete Modell geht davon aus, dass das Zentrum des Sturms weiter südlich von uns – in der Region um Lissabon – durchziehen wird. An den Stegen der Marina herrscht einerseits emsige Betriebsamkeit, viele Bootseigner kümmern sich besorgt um ihre Boote, legen mehr Leinen aus, schauen nach Scheuerstellen, binden fest, was im Sturm wegfliegen könnte; hier und da wird eine nervöse Zigarette angezündet und man lenkt sich mit Smalltalk ab oder hilft einander beim Festmachen. Andere Eigner scheinen sich wiederum überhaupt keine Gedanken zu machen und lassen ihre Boote völlig unbeaufsichtigt und an wenigen, lächerlich dünnen Leinchen verkümmern. Wir haben Glück, wir haben eine Box für uns alleine und können unsere OKOUMÉ nach allen Seiten hin gut vertäuen.

Als wir bei Anbruch der Nacht den neuesten Wetterbericht hereinbekommen, sträuben sich uns die Nackenhaare. Leslie zieht nun doch nordwärts die portugiesische Küste hoch, in unsere Richtung! Auch der kurze Austausch mit dem Portugiesen, der sich um das Motorboot vis-à-vis kümmert, trägt nicht sonderlich zu unserer Beruhigung bei. „In 1,5 hours it will happen: Hurricane Leslie will make landfall here on the coast“, meint er und zündet sich noch eine Zigarette an. Das letzte Mal, dass Portugal von einem Orkan heimgesucht worden sei, sei im Jahr 1848 gewesen. „Will the marina hold?“ fragt Käthi. Er zuckt die Schultern. „I hope so“, meint er lapidar, tritt den Glimmstängel aus und macht sich über den Steg von dannen.

Wir machen eine Notfalltasche mit den wichtigsten Dokumenten und ein paar Kleidern zum Wechseln bereit, für den Fall, dass wir das Boot kurzfristig verlassen müssen. Wir klaren auch im Bootsinnern alles so auf, als würden wir auf See fahren. Dann lenken wir uns mit Fotos-Anschauen, Lesen und Teetrinken (die einen) beziehungsweise Portweinnippen (die anderen) ab. Inzwischen regnet es Bindfäden und die Boote schaukeln unruhig und ziehen immer wieder ruckartig an den Leinen (wobei wir uns an Letzteres schon gewöhnt haben, denn der Hafen ist schon seit Tagen dem stetig steigenden Schwell und starker Strömung ausgesetzt). Dann kommt der Wind. Als hätte jemand den Schalter umgelegt, weht es plötzlich mit 30 bis gut 40 Knoten. Dabei bleibt es aber auch – nach ein paar Stunden ist der Spuk vorbei, der Wind dreht von Nordost auf Nordwest und nimmt merklich ab. Wir können quasi im Minutentakt zusehen, wie das Barometer wieder steigt. Das Zentrum muss südlich von uns durchgezogen sein. Um zwei Uhr nachts legt sich auch die letzte von uns dreien schlafen.

Es war also alles nur halb so schlimm – das denken wir zumindest, als wir am nächsten Morgen gemütlich im Salon beim Zmorge sitzen und wieder lachen können. Wie wir im Hafenbüro später jedoch erfahren, waren andere Küstenbereiche nicht so glimpflich davongekommen. In der Region um Figueira da Foz (da, wo wir vor einigen Tagen noch hin wollten) sei es zu grösseren Schäden gekommen, heisst es. Später sehen wir mit eigenen Augen, wovon man uns erzählt hat und wovon auch die News berichten. Weil es noch einige Zeit dauert, bis sich die See nach dem Sturm wieder beruhigt, mieten wir ein Auto und fahren mit Käthi während zweier Tage der Küste entlang bis nach Lissabon. Etwa 100 km südlich von Porto wird deutlich, was Leslie angerichtet hat. Hier hat es laut Medienberichten Böen mit bis zu 176 km/h gegeben. Der Sturm hat mächtige Bäume entwurzelt oder mittig abgeknickt wie Zahnstocher. Abgerissene Äste begraben Strommasten und Leitungen unter sich. Kein Wunder, dass rund 100‘000 Haushalte in Portugal ohne Strom sind. Strassenschilder wurden verbogen oder umgerissen. Lampenschirme und Gebäudefenster sind zersplittert. Immer wieder sehen wir halb abgedeckte Häuserdächer, Ziegel liegen in den Gassen. Anfänglich waren wir schon etwas enttäuscht gewesen, dass wir bei unserem Versuch, südwärts zu segeln wieder umkehren mussten und Käthi – die so gerne segeln gehen wollte – zu keinem einzigen Segelschlag gekommen ist. Im Nachhinein wussten wir, dass wir grosses Glück gehabt haben. Wären wir damals tatsächlich südwärts gesegelt, hätten wir den Sturm in Figueira da Foz aussitzen müssen und ihn in seiner vollen Stärke abbekommen. So sind wir mit einem blauen Auge davongekommen!

Ein Freund von uns hat uns einmal ein schönes Lebensmotto verraten. Frei nach einem arabischen Sprichwort braucht es drei Dinge, um durchs Leben zu kommen: Humor, Geduld – und Humor. Wir werden versuchen, diese Weisheit mehr zu beherzigen. Gerade bei einem Leben auf einem Segelboot kann dies ungemein hilfreich sein ;-) Die Natur ist stärker als wir und wir müssen uns unterordnen und uns immer wieder in Geduld üben, wenn etwas nicht nach unseren Plänen läuft. Und Grund Humor zu pflegen, gibt es an Bord und auf Reisen auch zur Genüge. Zum Beispiel, als Regula nach einem Port Tonic (der portugiesischen Variante des Gin Tonic – anstelle von Gin verwendet man für den Drink weissen Portwein) in einer hübschen Strandbar beim Absteigen vom Klappvelo die Balance verliert und einfach umkippt wie ein Kind, das zum ersten mal ohne Stützräder unterwegs ist (es war wirklich nur EIN Port Tonic gewesen). Oder als wir in Baiona lagen und dieses Glockengeläute in der Melodie des Big Ben unsere Aufmerksamkeit auf sich zog. Thomas war überzeugt, dass das Läuten im Viertelstundentakt erst angefangen hatte, seit dieser Brite am Steg drüben festgemacht hatte. Als kurz darauf noch lautes Dudelsackgeplärre über die Marina drang, wurde es Thomas zu bunt und er war drauf und dran, zu dem Briten hinüberzugehen und ihm klarzumachen, dass er hier doch nicht alleine sei und seinen Nationalismus doch bitte etwas zurückhaltender ausleben möge. Beim späteren Spaziergang durch den Ort entdeckten wir, dass das Big Ben-Läuten aus einem Lautsprecher stammte und die Dudelsackmusik von einem Strassenfest herrührte… Über uns selber lachen mussten wir auch, als wir eines schönen Tages feststellten, dass einer unserer beiden grossen Kugelfender am Heck auffällig viel Luft verloren hatte. Merkwürdig, da war ein Loch mitten in der Fenderwand, woher das wohl stammte? Erst nach einigem Hin- und Herüberlegen ging uns auf, dass wir „Gfröörli“ einige Tage zuvor für ein paar Stunden die Dieselheizung angemacht hatten. Dabei hatten wir vergessen, dass der Kugelfender direkt über dem Heizungsauspuff hing. Die Hitze hatte den Kunststoff regelrecht schmelzen lassen.

Einer gewissen Ironie entbehrte auch die folgende Szene nicht: Nachdem sich das Wetter endlich etwas beruhigt hat, schaffen wir es tatsächlich, die Marina Douro bei Porto zu verlassen. Über Figueira da Foz und Nazaré segeln wir (beziehungsweise motoren wir, denn der Wind ist bisweilen sehr schwach und zu achterlich) nach Oeiras, einem Vorort von Lissabon. In dieser Marina waren wir 8 Jahre zuvor auch schon und der überschaubare Hafen in der reizvollen Umgebung am Tejo hatte uns damals gut gefallen. Wir freuen uns also sehr, wieder hier anzulegen. Im letzten Büchsenlicht machen wir heckvoran am zugewiesenen Liegeplatz fest. Romantisch richten wir es uns im Cockpit ein: Kerzen, ein schönes Glas Wein, und auf dem Herd köchelt ein feines Dinner. Als angerichtet ist und über uns die neuen, grellweissen Hafenscheinwerfer angehen und das Cockpit taghell erleuchten, können wir unsere Kerzen wieder ausblasen.

Nichtsdestotrotz ist unser Aufenthalt hier in Oeiras erneut ein sehr positives Erlebnis. Die Marina ist gut geschützt, der Ort hat Charme, die Promenade am Tejo entlang lädt zum Spazieren ein und auch die Anbindung an Lissabon ist gut (mit dem Zug ist man in 20 Minuten im Stadtzentrum). Zudem treffen wir hier auf Sam und Manu, gute Freunde von uns, die hier ein paar Tage Ferien machen. Wir laden die beiden zum Abendessen an Bord ein und es wird – Scheinwerferlicht hin oder her – ein sehr gemütlicher und entspannter Abend. Und wie schön ist es auch, hier ein weiteres bekanntes Gesicht zu sehen: Merisa, die im Marina-Büro arbeitet und die wir bei unserem letzten Besuch kennenlernten, ist dem Hafen seit 11 Jahren treu geblieben. Sie ist eine Portugiesin, die in der Schweiz aufgewachsen ist, und wir plaudern über dieses und jenes auf Schweizerdeutsch. Die Freude über das Wiedersehen ist gross.

Auch wenn wir in Oeiras noch länger bleiben könnten: Der Winter klopft an die Tür, die Tage werden merklich kürzer, die Nächte kühler und die Bedingungen weniger beständig. Es wird Zeit, die Algarve anzusteuern, wo wir an Bord „überwintern“ wollen. In der Marina Lagos haben wir für drei Monate einen Platz reserviert. Während wir nun also auf ein geeignetes Wetterfenster für den Nachtschlag südwärts warten, kommen hier ein paar Fotos von Galizien und der portugiesischen Westküste:
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