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Aug-Nov 18: La Rochelle-Spanien (Baskenland, Galizien)-Portugal
Dez 18-Mrz 19: Überwinterung in Lagos (Portugal)
Apr-Mai 19: Andalusien, Tanger, Gibraltar
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Eine Woche Wasser und Wind – unsere Überfahrt von den Azoren nach Portugal

10/10/2019

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Abendrot – Schönwetterbot?
Ende August 2019. Wir liegen in der Marina Ponta Delgada auf der Azoreninsel São Miguel. Langsam wird es Zeit für uns, die Azoren zu verlassen und zurück ans Festland zu segeln. Mit dem Herbst kommen die Tiefdruckgebiete und Sturmtiefs Richtung Azoren, die wir nach Möglichkeit vermeiden möchten. Unser Ziel ist Lagos oder irgendein anderer Hafen an der portugiesischen Küste – je nachdem, mit welchen Winden wir es unterwegs zu tun bekommen.

Wir sind mit unserem Plan nicht allein. In der Marina von Ponta Delgada liegen noch einige andere Segelboote, deren Crews ebenfalls in den Startlöchern sind und entweder, wie wir, nach Portugal oder dann nach Madeira segeln wollen. Und uns allen geht es gleich: Wir sind bereit – aber das Wetter macht uns einen Strich durch die schöne Rechnung. Das Azorenhoch hat sich nordöstlich der Inseln etabliert und sorgt auf unserer Route für stabile Ost- bis Nordost-Winde. Bei dieser Wetterlage könnten wir hart am Wind vielleicht gerade mal Madeira erreichen – wenn überhaupt. Das Hoch macht keinen Wank! Täglich konsultieren wir die Wettervorhersagen und jedes Mal zeigt sich das gleiche Bild: Starkwind aus Ost-bis Nordost für die nächsten 10 Tage… Morgen auf Morgen folgt das gleiche Ritual. Wir treffen uns mit den anderen Seglern auf dem Steg und besprechen die neuesten Wetterdaten, nur um immer zum gleichen Schluss zu kommen: „Il y a rien – no weather window for the next 10 days!“. Wir fühlen uns schon wie im Film „Und täglich grüsst das Murmeltier“. Vielleicht wird sich das Wetter nie mehr ändern und wir verbringen den Rest unseres Lebens im Hafen von Ponta Delgada. Und jeden Morgen empfängt einen derselbe Spruch auf dem Steg: „Hast du den neuen Wetterbericht schon gesehen?“

Bis sich dann doch noch etwas an der Wetterlage ändert, vergehen ganze drei Wochen. Drei Wochen, in denen wir uns in Geduld üben und uns im schwelligen Hafen von Ponta Delgada durchschaukeln lassen. Drei Wochen – die trotzdem einfach toll sind! Geteiltes Leid, ist halbes Leid; immer wieder sitzen wir mit den anderen Crews bei einem Kaffee oder einem Glas Wein zusammen und verbringen entspannte und gesellige Abende im Cockpit, mal auf diesem Schiff, mal auf jenem. Zudem haben wir auch noch Zeit, Ausflüge mit Freunden von uns zu unternehmen, die auf São Miguel ein Ferienhaus besitzen. Wir geniessen die Zeit mit ihnen sehr, und so vergehen die drei Wochen schliesslich im Handumdrehen.

Am 15. September 2019 heisst es dann „Leinen los“. Vor uns liegen knapp 900 nautische Meilen und eine gute Woche auf See... Zusammen mit den englischen Booten ERICA und PAVO legen wir von Ponta Delgada ab. Die französische SAMIRENA hat eine gute Stunde Vorsprung. PAVO und SAMIRENA wollen nach Lagos, ERICA hat Porto zum Ziel. Die Boote sind sehr unterschiedlich was die Segeleigenschaften angeht und nach ein paar Stunden haben wir uns bereits aus den Augen verloren. Mit SAMIRENA tauschen wir jedoch täglich mittels einer Kurznachricht über das Satellitentelefon unsere jeweiligen Positionen aus.

Die ersten beiden Tage auf See verlaufen recht ruhig, die Bootsbewegungen halten sich im Rahmen und wir kommen schnell in den Rhythmus des Bordlebens unterwegs. Der Wind weht nur sehr schwach und hat leider meist einen östlichen Einschlag. Wir wechseln ab zwischen Segeln am Wind und langsamer Fahrt unter Motor. Sinnlos herumtrödeln möchten wir aber auch nicht, denn wir wollen genügend Abstand zwischen uns und das Tief bringen, das in zwei Tagen die Azoren erreichen und dann nordwärts drehen soll. An den ersten beiden Abenden frischt der Wind etwas auf und kommt direkt aus Osten, also genau von vorne (what else!!). Nach ein paar Stunden ist der Spuk jedoch wieder vorbei und wir können unseren Kurs Richtung Lagos – mehr oder weniger – halten.

Am dritten Tag schläft der Wind vollkommen ein und auch die See beruhigt sich immer mehr. Ab und zu geht ein kleines Lüftchen (1-5 Knoten Wind). Wir packen den asymmetrischen Spinnaker aus und geben alles, trimmen, zupfen an den Leinen, ändern den Kurs, stehen auf dem Deck und pusten in das schlaff herabhängende Ballonsegel… und machen gerademal zwischen 0 und 2 Knoten Fahrt. Als uns schliesslich eine Schildkröte in Luv überholt, holen wir den Spi wieder ein, und merken, dass wir ohne das grosse Leichtwindsegel noch immer die gleiche „Fahrt“ machen – wir bewegen uns nicht wegen des Winds, sondern treiben einfach in einer leichten Strömung! Auch die Nachtwachen sind bisher ruhig verlaufen. Regula kann inzwischen das Sonnet Nummer 23 von Shakespeare auswendig und Thomas vertreibt sich die Zeit mit der Beobachtung von Sternschnuppen und dem Aufgang des Vollmonds. In unseren Freiwachen können wir beide gut schlafen.

Am Morgen des vierten Tags auf See erhalten wir, wie jeden Morgen, eine SMS von SAMIRENA auf dem Satellitentelefon. Als wir die Position der beiden Franzosen mit der unsrigen vergleichen, stellen wir erstaunt fest, dass sich die beiden Boote in unmittelbarer Nähe befinden. Wir rufen die SAMIRENA über Funk – und erreichen sie tatsächlich! Später sehen wir gar das kleine, weisse Dreieck ihres Segels am Horizont. Es ist einfach grossartig und schön, sich mitten auf dem Atlantik zu begegnen! Am Nachmittag ist das Segel achteraus am Horizont verschwunden.

Die Wettervorhersage ist leider etwas weniger schön: Wir erwarten den Durchzug von zwei Fronten. Eine erste, recht schwache soll uns noch am gleichen Tag erreichen. Eine zweite, wohl sehr aktive, wird für Freitag oder Samstag (unseren 6. und 7. Tag auf See) vorhergesagt. Sie ist Teil eines Sturmtiefs, dessen Zugbahn erstaunlich weit südlich im Atlantik liegt. Das Tief zieht in Richtung portugiesische Küste… Regula ist sehr beunruhigt. Ihre Angst vor Gewittern macht sich Raum, denn Fronten von Tiefdruckgebieten gehen oft mit Gewitterzellen einher. Auf dem Computer sehen die Wetterfiles zudem furchterregend aus. Thomas beruhigt. Gemeinsam schauen wir uns die Wetterdaten nochmals differenziert an und entscheiden uns, ab sofort möglichst südwärts zu halten. Dann sollten wir den stärksten Winden entgehen können. Natürlich frischt nun der angesagte Wind aus Süden langsam auf. Hart am Wind segeln wir in die Nacht – Kurs Südost.

In der Nacht zum fünften Tag auf See dreht der Wind wieder auf Ost-Südost und bläst uns mit 20 Knoten direkt auf die Nase. Wir sind verwirrt, denn das war nicht vorhergesagt! Es regnet in Strömen, die Sicht ist minimal. Wir liegen beide im Cockpit auf dem Boden, im Schutz der Sprayhood, auf die der Regen prasselt, und segeln ins Nirgendwo, scheinbar gefangen in einer unfreundlichen, grauen Welt – ob sie uns jemals wieder frei gibt? Am Vormittag dreht der Wind dann endlich auf Südwest (und später auf West), die Wolken reissen auf und wir machen bei 5 bis 6 Beaufort flotte Fahrt. Der neue Wetterbericht hat den Starkwind für Freitag/Samstag etwas zurückgenommen. Gemäss den neuen Daten ist zudem der Wind weiter südlich nicht weniger stark als auf unserer jetzigen Breite. Es lohnt sich also nicht, noch weiter südlich zu fahren, und wir nehmen direkt Kurs auf das Kap São Vicente an der Südwestküste Portugals.

Am Abend sucht ein kleiner Vogel Zuflucht in unserem Cockpit. Er ist wirklich winzig, ein kleiner flauschiger Ball, der sich erst unter der Sprayhood ausruht und sich dann daran macht, das Bootsinnere zu entdecken und wild herumflatternd für Aufregung unter der Crew sorgt. Wir füttern den kleinen Wicht mit Knäckebrot-„Brösmeli“ und richten ihm in einem Hut ein kleines Nest. Nach ein paar Stunden ist er verschwunden. Was macht ein so kleiner Vogel hier draussen auf dem Atlantik, mehrere hundert Seemeilen von der Küste entfernt?

Den sechsten Tag verbringen wir mit Vorbereitungen auf den Starkwind und die Front, die uns, genau wie vorhergesagt, morgens um 6 Uhr des siebten Tags auf See einholt. Um die Front möglichst schnell durchziehen zu lassen, drehen wir schliesslich bei (das heisst, wir stoppen das Boot durch ein bestimmtes Manöver mit einer gewissen Segelstellung auf). Wir liegen am Boden, in voller Montur (Ölzeug, Rettungsweste, Lifebelt), Thomas oben im Cockpit, Regula unten in der Kajüte. Wir sind beide müde und übernächtigt (und ganz schön nass!). Der Regen peitscht horizontal über die OKOUMÉ, der Seegang nimmt zu. Trotz Wind und Wellen liegt die OKOUMÉ beigedreht (unter Reff 3 im Gross und Kreuzfock) erstaunlich ruhig. Nach einer Weile haben wir Vertrauen in unsere gegenwärtige Situation gewonnen, kochen Kaffee und checken die neuesten Wetterdaten. Diese versprechen, dass der Wind zwischen 9 und 10 Uhr UTC von Südwest auf Nordnordwest dreht. Und so ist dann auch, kurz vor 10 ist der Windreher da! Wie genau die Vorhersagen sind! Schnell klarieren wir die Fock, und haben anfangs in der grauen Welt um uns noch etwas Orientierungsschwierigkeiten und wenden einmal zu viel… Aber schliesslich sind wir auf Kurs – und wie! Die See ist eindrücklich und grob; die Nordwest-Welle legt sich über die alte Dünung aus Süden und unsere OKOUMÉ tanzt über die Seen, die von allen Seiten zu kommen scheinen. Der Wind hält sich aber mit bis zu 30 Knoten in Grenzen, die Wolken lichten sich, die Sonne bricht durch und das Segeln macht sogar Spass! Anfangs steuern wir abwechselnd von Hand, dann sind wir aber zu müde und überlassen das Ruder dem Autopiloten, der das Boot auch bei diesen anspruchsvollen Bedingungen perfekt auf Kurs hält. Unsere OKOUMÉ verhält sich sehr vertrauenserweckend, wir kommen gut vorwärts und können uns so langsam wieder entspannen. Die Front ist durch (ohne Gewitter, notabene), der Himmel wird immer blauer und der schöne Wind begleitet uns bis in den Abend.

Für den Rest der Reise weht der Wind aus Westen (also von hinten) mit 2 bis 4 Beaufort. Anfangs ist die Dünung noch beträchtlich, dann nimmt auch sie langsam ab und wir können während unserer letzten Nacht auf See wieder geregelt unsere Wachen gehen. Wir geniessen nochmals den klaren Sternenhimmel und den grossen Mond in dieser eigenen Welt der Ruhe jenseits der Hektik des Lebens an Land.

In der darauffolgenden Nacht erreichen wir die portugiesische Küste beim Kap São Vicente. Wie intensiv die Düfte der Küste auf uns wirken! Auf Höhe des Fischerhafens Baleeira steigt uns ein unverkennbares Fischaroma in die Nase; dann dominiert ein Duft nach Holz und Gebüsch unsere kleine Welt an Bord. Um 2 Uhr in der Früh schleichen wir im Dunkeln in den Hafen von Lagos und machen am Empfangssteg vor dem Hafenbüro fest. Die Marina ist gut besucht, am Empfangssteg gibt es nur noch eine kleine Lücke, in die unsere OKOUMÉ glücklicherweise genau hinein passt. Flüsternd räumen wir etwas auf und lassen uns dann erleichtert in die Kojen fallen.

Seit unserer Ankunft hier in Lagos sind nun schon zwei Wochen vergangen. Anfangs war uns der Trubel im und um den Hafen fast etwas zu viel, wir „litten“ an Reizüberflutung. Auf den Azoren ging es schon noch etwas ruhiger zu und her und während der Woche auf See waren wir ganz auf uns allein gestellt gewesen. Inzwischen haben wir uns aber wieder eingewöhnt und geniessen das bunte Hafenleben in vollen Zügen. ERICA ist wohlbehalten in Porto eingetroffen und etwa einen Tag nach uns haben auch PAVO und SAMIRENA die Küste der Algarve erreicht. Natürlich haben wir zusammen auf die gelungene Überfahrt angestossen…

Hier in Lagos waren wir ja schon den letzten Winter über und es ist schön, hier angekommen zu sein. Wir haben bereits viele bekannte Gesichter wieder getroffen und auch schon wieder neue Bekanntschaften gemacht. Nun steht bald Besuch aus der alten Heimat (der Schweiz) an, worauf wir uns besonders freuen. Eigentlich ist also alles paletti – wenn da Hurrikan Lorenzo nicht wäre, der in der Nacht zum 2. Oktober direkt über die Azoren zieht! Wir zittern mit unseren Freunden, die noch auf den Azoren weilen und sind froh, dass sie den Sturm schadlos überstehen. Es kommen aber nicht alle Azoren-Bewohner so glimpflich davon. Die westlichen Inseln werden hart getroffen; der Hafen von Lajes auf der Insel Flores wird komplett zerstört. 2012 hatten wir mit der BALU auf dem Rückweg von der Karibik in diesem idyllischen Hafen festgemacht. Wir sind schockiert, als wir nun die Bilder der Zerstörung sehen und es ist nicht einfach, den Gedanken einzuordnen, dass wir vor kurzem selber noch auf den Azoren waren…

Die Überfahrt von den Azoren war für uns in vieler Hinsicht sehr lehrreich. Welche Schlüsse wir aus den Erfahrungen gezogen haben und wie wir die Reise rückblickend betrachten, werden wir beim nächsten Mal erzählen. Bevor ihr euch langweilt, folgen hier zur Abwechslung und zum Abschluss lieber ein paar Fotos ;-)

Sonnige Grüsse aus Lagos von eurer OKOUMÉ-Crew, Thomas & Regula
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