Sommertörn 2023, Teil 1: Kanaren - Von mysteriösen Begebenheiten und (er)nüchtern(d)en Erklärungen2/5/2023 Mitternacht im Stadthafen von Las Palmas de Gran Canaria: Wir liegen, nichts Böses ahnend, in der Koje. Es ist erstaunlich ruhig. Die Boote liegen still an ihren Leinen. Kein Wind. Lediglich aus der Ferne ein gedämpftes Grossstadtrauschen. Plötzlich ein merkwürdiges Geräusch, eines, das wir noch nie gehört haben und uns sofort aufhorchen lässt: Ein lautes Blubbern und Gurgeln aus der Küche. Schnell sind wir auf den Beinen und nehmen die Bodenbretter hoch, können aber nichts Abnormales feststellen. Das Gegurgel kommt aus dem Ablauf des Lavabos. Fragend sehen wir uns an. Was ist denn das? Jagende Fische, die das Wasser aufwirbeln? Eine Riesenkrake, die sich von aussen am Seeventil festgesaugt hat? Dass wir vor Kurzem die Serie «Der Schwarm» gesehen haben, hilft nicht gerade, die ausufernde Fantasie zu bändigen. Regula sieht vor ihrem geistigen Auge schon eine weiss leuchtende, gel-artige Masse den Ablaufschlauch hochsteigen, da hört das Blubbern abrupt auf. Achselzuckend legen wir uns wieder in die Koje. Doch merkwürdig: Was ist denn mit dem Kühlschrank los? Normalerweise wechseln sich kurze Kühlphasen und längere Arbeitspausen ab; jetzt aber läuft er ununterbrochen! Schnell legt Thomas den Schalter um, aber es ist schon zu spät, der Kompressor ist heiss und springt auch nicht wieder an. Und jetzt geht uns endlich ein Licht auf: Unser Kühlschrank funktioniert über Wasserkühlung. Das Kältemittel muss ausgelaufen sein und zwar über den Kondensor am Rumpfdurchbruch, was das mysteriöse Blubbern verursacht hat. Durch das Leck im Kondensor ist Seewasser ins Kühlsystem gelangt, was allen weiteren Elementen des Kühlschranks (Kompressor und Verdampfer) den Garaus gemacht hat. Diese sachliche Erklärung ist in gewisser Hinsicht beruhigend, andererseits aber auch nicht wirklich erfreulich, oder besser gesagt sehr ärgerlich, denn es ist nicht das erste Mal, dass uns der Kühlschrank Probleme bereitet…
Das unliebsame Geräusch auslaufenden Kühlmittels kannten wir nämlich schon, allerdings nur bei Entweichen des Gases in die Luft: Neun Monate vor dem unheimlichen Blubbern in der Bilge hatten wir unsere OKOUMÉ in Tazacorte an Land gekrant, um einige Unterhaltsarbeiten vorzunehmen. Unter anderem wollten wir für den Kühlschrank eine neue Anode am Rumpf anbringen, wobei wir blöderweise mit dem Gewindeschneider den (offenbar recht fragilen) Kondensor verletzten. Ein hässliches «Pfffffft» unterstrich die unumstössliche Tatsache, dass das Kühlmittel ausgelaufen und der teure Kondensor kaputt war. Man hat Thomas wohl bis nach Santa Cruz hinüber fluchen hören… Wir ersetzten damals den Kondensor (die Lieferung des Ersatzteils hatte läppische vier Wochen gedauert) und liessen das Kühlmittel wieder einfüllen. Offenbar hatte man uns aber ein marodes Ersatzteil geschickt, denn weder wir noch der in Las Palmas aufgebotene Techniker konnten sich später erklären, warum der neue Kondensor plötzlich leckte. Dafür wissen wir nun nicht nur, wie es sich anhört, wenn das Kühlmittel in die Luft entweicht, sondern auch, was für ein Geräusch dabei unter Wasser verursacht wird. Eine Erfahrung, auf die wir gerne hätten verzichten können. Die Garantie-Abwicklung gestaltete sich schwierig und wir bauten schliesslich einen neuen, lediglich luftgekühlten Kompressor mit dem dazugehörenden Verdampfer ein. (Übrigens: Es gibt nicht nur Geräusche, die bei uns sehr unbeliebt sind. Inzwischen reagieren wir auch auf gewisse Gerüche recht empfindlich. Nachdem wir unseren Berlingo (unser Auto auf La Palma) zweimal innert weniger Tage wegen auslaufenden Diesels abschleppen lassen und vor Kurzem noch ausgelaufenes Benzin aus der Backskiste wischen mussten (der kleine Benzinkanister für den Aussenborder war undicht geworden), können wir jeglichen Treibstoffgeruch nicht mehr ausstehen. Aber dies nur so am Rande.) Von der leidigen Kühlschrankgeschichte einmal abgesehen, haben wir unsere Reise bisher sehr genossen. Nachdem wir in den letzten zwei Jahren wegen unseres Finca-Projekts kaum zum Segeln gekommen sind, haben wir uns nun vorgenommen, einen längeren Sommertörn zu machen. Vor einem Monat haben wir in Tazacorte auf La Palma die Leinen gelöst. Eine «Aufwärmrunde» durch die Kanaren hat uns über Teneriffa, Gran Canaria und Fuerteventura nach Lanzarote geführt. Diese Inseln haben wir vor Jahren schon einmal angesteuert und in manchen Häfen scheint sich nicht viel geändert zu haben: In Santa Cruz de Tenerife treffen sich wie eh junge Liebespärchen zum Kuscheln am Hafen. Und Las Palmas de Gran Canaria ist noch immer ein unglaublich preiswerter Hafen, der viele Lebenskünstler und Aussteiger aller Couleur anzieht. Unser polnischer Bootsnachbar, zum Beispiel, war seit zwei Jahren damit beschäftigt, mit einfachsten Mitteln eine heruntergekommene, kleine Sloop zu «restaurieren». Er war freundlich und sympathisch, aber als er anfing, im offenen Cockpit Aluminium zu schweissen, wurden wir doch etwas nervös. Als er sich für eine Woche verabschiedete (er wollte nach Marokko zum Arbeiten), waren wir, zugegebenermassen, erleichtert. Auf Fuerteventura liefen wir den Hafen von Gran Tarajal an, den wir zuletzt vor 12 Jahren besucht hatten – damals noch mit der BALU. Der Ort ist vom grossen Touristenansturm verschont geblieben und noch immer ein echtes kanarisches Städtchen; etwas heruntergekommen zwar, aber mit einem ungekünstelten, freundlichen Charme (leider hat sich auch der Zustand der Hafentoiletten nicht wirklich zum Besseren verändert). Und noch etwas ist sich gleichgeblieben (und hier sind wir wieder beim Mysteriösen): Es scheint im Hafen von Gran Tarajal ein schwarzes Loch zu geben, das auf dem Steg liegende Badelatschen quasi magisch anzieht und sich auf Nimmerwiedersehen einverleibt. Schon vor 12 Jahren hatte es eine von Thomas’ Sandalen erwischt – und jetzt wiederholte sich das Szenario… Seit zwei Tagen liegen wir nun in der Marina von Rubicón im Süden Lanzarotes (und geniessen hier die Annehmlichkeiten einer sauberen Dusche mit warmem Wasser). Von hier aus wollen wir mit dem nächsten Wetterfenster nach Porto Santo oder Madeira segeln – und von dort wieder berichten. Bis dänn, härzlichi Grüess us Lanzarote, Thomas und Regula 😊
2 Comments
Marianne, sis
3/5/2023 15:07:13
Bin doch gern uf em Laufende und chli debii 🫶🤗🕊️
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Regula und Thomas
5/5/2023 15:35:16
Hoihoi, danke villmal! Mir freued ois, wänn ihr ois dänn mal uf La Palma chömed go bsueche oder mir ois s nächst Mal ide CH xend :-) liäbi Grüessli vo ois beidne, Re und Tho
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