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Bisherige Route:
Aug-Nov 18: La Rochelle-Spanien (Baskenland, Galizien)-Portugal
Dez 18-Mrz 19: Überwinterung in Lagos (Portugal)
Apr-Mai 19: Andalusien, Tanger, Gibraltar
Mai-Jun 19: Porto Santo, Madeira
Jul-Sept 19: Azoren
Okt 19-Jun 20: Überwinterung & Corona-Reisepause in Lagos
ab Jul 20: Kanaren
2021-2023: pendelnd Kanaren - Madeira -Azoren
2024: Kanaren - Madeira - Azoren - Nordspanien - Frankreich, Bretagne

Bye bye Lagos - wir sind wieder unterwegs!

2/4/2019

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Under the bridge
Die Winterpause ist vorbei! Am 10. März lösen wir nach über 4 Monaten in der Marina von Lagos die Leinen. Der Abschied von den vielen netten Menschen, die wir hier kennengelernt haben, fällt uns nicht leicht und so ist es bereits Mittag, als sich die Fussgängerbrücke für uns öffnet und wir die OKOUMÉ unter einem wolkenlosen Himmel in die Hafenausfahrt steuern. Viele der Segler, die wie wir in Lagos den Winter verbracht haben, zieht es ins Mittelmeer; einige wollen (oder müssen) zurück in den Norden, andere haben sich die Kanaren zum Ziel gesetzt. Ob wir sie jemals wiedersehen? Unser Plan ist es (so die Wettergötter wollen), für den Sommer zu den Azoren zu segeln. Da es nun noch etwas zu früh in der Saison ist für den Schlag zu den ca. 1300 Kilometer vom portugiesischen Festland gelegenen Inseln, haben wir vor, zuerst der portugiesischen und spanischen Südküste entlang ostwärts zu segeln und eventuell noch einen Abstecher nach Marokko zu machen, bevor wir den Kurs dann wieder westwärts richten. Die südliche Algarvenküste und Andalusien sind für uns Neuland und Namen wie Culatra und Rio Guadiana locken – also los!

Unser erstes Ziel ist die ca. 20 Meilen von Lagos entfernte Marina von Albufeira, die wir nach einem gemütlichen Segeltag am späteren Nachmittag erreichen. Am Empfangssteg steht ein unangenehmer Schwell und die OKOUMÉ schwankt bedenklich hin und her, während wir im Hafenbüro die Formalitäten erledigen. So sind wir froh, dass wir nach Erledigung des Papierkrams zügig an den zugewiesenen Liegeplatz im Hafeninnern verlegen können. Die Marina liegt, wie wir erwartet haben, in einer Retorten-Überbauung, die Wohnungsanlagen und Villen rund ums Hafenbecken erinnern an farbige Legoklötzchen. Trotzdem ist es hier gar nicht so schlimm wie erwartet ;-) Einmal weg vom Einfahrtskanal liegt man gut geschützt und nach Westen hin hat man sogar einen Blick ins Grüne. Jetzt im März ist in den vielen Bars und Restaurants entlang der Marina noch nicht viel los und die Abende sind ruhig.

Die Altstadt von Albufeira ist in etwa 15 Minuten zu Fuss zu erreichen. Das Zentrum ist sehr touristisch; wenn man sich etwas bemüht, bietet sich einem aber auch immer wieder ein Blick in enge und beschauliche Seitengässchen und man entdeckt noch ruhige, ursprüngliche Ecken. Irgendwie erinnert uns die Stadt an Boca Chica in der Dominikanischen Republik (das wir während unserer ersten Segelreise mit der BALU besucht hatten), denn vielerorts sind die Fassaden ruinös, die Strassen werden aber „gut verkauft“. Überall sind nette Kaffees, Bars und Touri-Shops und die gröbsten Bausünden verstecken sich hinter blühenden Büschen, Palmen und Mandelbäumen.

Da es in den Nächten recht windig ist, bleiben wir etwas länger als geplant in der geschützten Marina von Albufeira, denn unser nächstes Ziel ist das Ankerfeld vor der Insel Culatra und wir möchten nicht gleich die ersten Nächte vor Anker bei unruhigen Bedingungen verbringen.  Am 14. März stehen die Zeichen nicht schlecht. Wir müssen zwar gegen einen Südostwind von 3-4 Beaufort ankreuzen, kommen aber gut voran und die Sonne lacht, wie immer, von einem wolkenlosen Himmel. Als wir die Ansteuerung in den Ria Formosa erreichen, fällt der Wind zusammen, die Passage über die Barre gestaltet sich problemlos und wir motoren mit der Flut durch das bestens betonnte Fahrwasser. In der Praça Larga nördliche der Insel Culatra lassen wir den Anker fallen. Neben uns liegen hier lediglich noch 10 weitere Boote. Wie wir gehört haben, sollen in der Hochsaison bis zu hundert Boote das Ankerfeld bevölkern…

Wir verbringen ein paar traumhafte Tage vor Anker. Das Wetter spielt mit und es ist fast schon sommerlich warm. Wir können sogar draussen zu Abend essen und auch draussen duschen. Nachts bestaunen wir durch die Salonfenster auf der einen Seite die Lichter der Stadt Olhão und auf der anderen Seite das Leuchtfeuer am Kap Santa Maria. Nur fürs Schwimmen ist es uns noch zu kalt (Thomas braucht ja bekanntlich ein Minimum von 25 Grad und auch für Regula sind die 16-17 Grad Wassertemperatur noch an der Schmerzgrenze). Gewöhnungsbedürftig ist auch, dass die Wassertaxis und kleinen Fischerboote immer mit Vollgas über die Bucht brausen – besonders gerne tun sie dies frühmorgens und am liebsten möglichst knapp zwischen den Ankerliegern hindurch… Am zweiten Tag ankern wir etwas weiter hinten in der Bucht, wo es in dieser Hinsicht merklich ruhiger ist.

Wiederholt fahren wir mit dem Dinghy zur Ilha Culatra, die ein entspanntes Laisser-aller ausstrahlt. Beim Spaziergang um die gerade mal 7 km lange und 1 km breite Insel schaffen wir es tatsächlich uns zu „verlaufen“. Dem Südstrand entlang schlendern wir bis zum hübschen Dörfchen Farol, wollen aber retour nicht den gleichen Weg gehen und versuchen es dem Nordufer entlang. Ganz offenbar ist dies nicht so vorgesehen, denn kurz vor dem Ziel hört der flache Strand plötzlich auf und wir müssen uns den Weg durch ein unübersichtliches Sumpfgebiet bahnen. Zweimal bleibt Thomas mit den Flipflops im klebrigen Schlamm stecken. Anschliessend klettern wir einem abgesperrten Areal (Militär?) entlang über glitschige Steine und niedriges Dornengebüsch, bis wir schliesslich auf einen tiefen Sandpfad stossen… Als wir endlich das Dorf vor unserem Ankerplatz erreichen, gönnen wir unseren zerkratzen und dreckbespritzen Beinen eine Pause und unseren Mägen in einem sympathischen Lokal beim Fährensteg einen feinen „Robalo“ (Wolfsbarsch) vom Grill – und natürlich ein Gläschen portugiesischen Weisswein dazu, mmmh!

Gut 30 Meilen sind es von unserem Ankerplatz bei der Ilha Culatra bis zur Einfahrt in den Rio Guadiana, dem portugiesisch-spanischen Grenzfluss, den wir als nächstes ansteuern wollen. Um die Barre in den Fluss bei Hochwasser zu passieren, gehen wir am 18. März im ersten Tageslicht ankerauf. Der Plan geht auf und wir machen kurz nach 1 Uhr am Gästesteg des Hafens in Vila Real de Santo Antonio fest. Vila Real hat für uns etwas Merkwürdiges, einerseits gefällt es uns und irgendwie auch nicht. Der Ort wirkt zwar authentisch und ungekünstelt, ist aber durch den Aufbau als „Square-Ville“, in unseren Augen, etwas öde. Die Stadt wurde durch ein Unwetter 1755 total zerstört und in nur 5 Monaten nach dem Muster eines Schachbretts neu erbaut. Täglich kommen (meist ältere) spanische Touristen mit der Fähre nach Vila Real hinüber, wo sie, so scheint es, vor allem eines interessiert, nämlich der Kauf von Frotteetüchern und Tischdecken. Jedes zweite Geschäft in der Hauptgasse bietet diese Stoffwaren an.

Wir wollen eigentlich weiter, flussaufwärts bis zum ca. 20 Meilen entfernten Alcoutim, sind aber wegen der ominösen „International Bridge“, die den Fluss überspannt und die es zu passieren gilt, etwas nervös. Man müsste ja eigentlich meinen, so etwas Simples wie die Durchfahrtshöhe dieser Brücke in Erfahrung bringen zu können. Die Sache scheint aber nicht so einfach. Das Imray-Pilotbook spricht erst von einer Höhe von 20 Metern bei Hochwasser und 23 Meter bei Niedrigwasser („or so“). In einem Update meinen die Autoren jedoch, diese Angaben seien, wie es sich herausgestellt habe (!), etwas optimistisch; die tatsächliche Durchfahrtshöhe würde eher nur 18 Meter bei „Mean See Level“ betragen. Unserer Karte und dem Plotter entnehmen wir auch 18 Meter Durchfahrtshöhe. Gemäss den üblichen Werten müssten sich diese Angaben eigentlich auf das höchste je gemessene Hochwasser beziehen, aber wollen wir dem vertrauen? Unsere Masthöhe ist 17,4 Meter, wobei noch ca. 1,5 Meter für die Antenne hinzukommen… Im Marinabüro kann man uns leider auch nicht weiterhelfen, die Dame am Computer weiss auch nicht mehr als wir. Doch wie es der Zufall will, treffen wir in Vila Real die CARMEN wieder, eine RM1270 (unser nächstgrösseres Schwesterboot), die wir von La Rochelle her kennen. Antonio, der Inhaber, hat die Brücke schon mehrmals passiert. Er meint, bis zu 1 Meter über Kartennull sei die Durchfahrtshöhe für seine RM1270, deren Mast knapp 2 Meter höher ist als der der OKOUMÉ, kein Problem. Das beruhigt uns ungemein ;-)

Am 22. März legen wir bei Slack-Niedrigwasser in Vila Real ab und fahren möglichst vorsichtig und mit angehaltenem Atem unter der Brücke hindurch. Es ist Springzeit (der Tidenhub beträgt ca. 3 Meter) und wir haben bei diesem Wasserstand wohl noch gut 2 Meter Reserve nach oben, wobei dies vom Schiff aus ja immer sehr schwer zu schätzen ist. An den Brückenpfeilern finden gerade Arbeiten statt. Vergeblich versuchen wir, die Aufmerksamkeit der Arbeiter auf uns zu lenken, um ein Daumenhoch zu erhalten. Leider jedoch scheinen die Männer in Orange unseren Zuruf „Està bem??“ und unsere diversen Handzeichen nicht zu verstehen… Aber die Durchfahrt klappt dann ja auch so.

Die Fahrt mit der Flut den Fluss hoch ist entspannt und beschaulich. Der Strom schiebt uns zwar mit bis zu 2,5 Knoten, das Fahrwasser ist aber recht breit und auch bei Niedrigwasser tief genug (wir messen nie unter 3 Meter Wassertiefe). In Alcoutim finden wir einen idyllischen Platz am Besuchersteg. Gegenüber, auf der anderen Flussseite, schmiegen sich die weissen Häuschen des spanischen Ortes Sanlúcar de Guadiana in die sanfte Hügellandschaft. Eine Fussgängerfähre verkehrt regelmässig zwischen den beiden Städtchen (beziehungsweise dann, wenn der Fährmann nicht gerade in der verlängerten Mittagspause weilt). Die Fahrt hin und zurück ist mit Euro 2,50 bezahlbar. Etwas verwirrend ist bloss, dass diesseits und jenseits des Flusses eine andere Zeitzone gilt. Wenn die Kirche in Alcoutim 7 Uhr schlägt, doppelt die Glocke drüben in Spanien mit 8 Schlägen nach.

Unser Liegeplatz im Rio Guadiana hat aber auch einen Nachteil: Im starken Gezeitenstrom treibt viel Holz flussauf und -ab. Teilweise sehen wir ganze Flösser von Bambus und auch beträchtliche Äste und gar Baumstämme vorbeiziehen. Die grösseren Holzstücke poltern recht laut, wenn sie unter dem Bootsrumpf durchrugeln (natürlich auch mitten in der Nacht). Eines Tages entdecken wir einen grossen treibenden Baum neben unserem Steg. Mit Hilfe des Fährmannes, eines älteren Holländers, der seit 15 Jahren in Alcoutim lebt, ziehen wir den schweren Koloss ans Ufer und befestigen ihn mit Seilen, damit er nicht wieder in den Fluss abtreibt. Zwei Tage später nimmt sich die örtliche Feuerwehr des Ungetüms an. Leider fällt bei der Bergung ein grosses Stück Stamm wieder zurück ins Wasser…

Inzwischen haben wir, nach einem mehrtägigen Abstecher ins lebhafte und reizvolle Ayamonte, den Rio Guadiana wieder verlassen und Mazagón in der Bucht von Huelva erreicht. Davon dann aber mehr im nächsten Bericht; nur eines vorweg: Obwohl wir erst seit Kurzem der spanischen Küste entlang reisen, haben wir uns, zumindest in einer Hinsicht, schon an die örtliche Lebensweise angepasst. Weil inzwischen auf Sommerzeit umgestellt wurde, sind uns gleich 2 Stunden gestohlen worden. Noch vor einer Woche – in der Winterzeit – lebten wir in Portugal nach UTC, hier in Spanien gilt nun jedoch UTC +2 (UTC +1 Ortszeit plus eine Stunde für die Sommerzeit). Wenn wir also nach unserer „alten“ Zeit um etwa 19 Uhr den Tisch für das Abendessen decken, ist es nach lokaler Zeit bereits 21 Uhr, also die typische Essenszeit für spanische Verhältnisse.

Während wir uns also langsam wieder an die spanischen Umgangsformen gewöhnen (und halt doch Portugal noch etwas nachtrauern), wünschen wir euch viel Spass mit den Fotos zu diesem Bericht.

P.S.: Wem nach diesem Beitrag der Kopf schwirrt vor lauter Wasserstand- und Durchfahrtshöhe-Berechnungen, und wer das Festland vermisst und besonders die Bergwelt, dem empfehlen wir den folgenden Blog über eine aufregendes Reiseprojekt zu Land:
https://lesrandonneurs.jimdofree.com/

Schiff ahoi us Andalusie :-) Eui Thomas & Regula
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Lagos Teil 3: Ein Fondue kommt selten allein

26/2/2019

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Ein entspannter Abend...










…ist umso schöner nach einem aktiven Tag an der Sonne.
Seit einem halben Jahr wohnen wir nun schon an Bord unserer OKOUMÉ. Die Entscheidung für diesen Lebensstil haben wir bisher nicht bereut, im Gegenteil. Wir haben vielmehr das Gefühl, dass unser Leben freier und gleichzeitig „einfacher“ geworden ist. Der Lebensraum auf unserem Boot ist überschaubar; der Stauraum ist in unseren Augen zwar grosszügig, im Vergleich zum Platz in einer Wohnung oder gar einem Haus in der Schweiz jedoch sehr begrenzt. Doch genau das gefällt uns. Es tut uns gut, uns auf das Wesentliche zu beschränken. All die Dinge, die wir vor Antritt der Reise verschenkt und verkauft haben – wir vermissen sie nicht; wir haben eher das Gefühl, nun mehr Raum zum Atmen zu haben. Wir fühlen uns ungebunden, beweglicher.

Zugegeben, der Verzicht auf gewisse Sachen macht unser Leben auch in einem anderen Sinn „einfacher“. Unsere Nasszelle, zum Beispiel, misst lediglich etwa 1,5 m2. Man kann sich darin gerade mal um die eigene Achse drehen und wenn man vom Klo (das, wie die meisten Bordtoiletten, eher für magere Hinterteile bemessen ist) aufsteht, muss man aufpassen, dass man sich an der Deckenschräge nicht den Kopf stösst. Das Lavabo hat einen ausziehbaren Wasserhahn und wir können, wenn es sein muss, auch in der Nasszelle duschen, doch meist schreckt uns der Aufwand ab, anschliessend die Wände und den Boden aufzuwischen und zu trocknen. Vor Anker in tropischen Regionen ist die Körperpflege einfacher: Man seift sich ein, springt ins angenehm temperierte Meer, spritzt sich anschliessend mit der Heckdusche mit Süsswasser ab und lässt die Haut von der Sonne trocknen; herrlich!

Da diese Methode während der Wintermonate in europäischen Marinas nicht gut anzuwenden ist, bevorzugen wir es, in dieser Zeit die Sanitäranlagen der angelaufenen Häfen zu benutzen. Hier in Lagos sind die Dusch- und WC-Bereiche glücklicherweise sehr annehmbar. Die Anlagen sind grosszügig und werden regelmässig gereinigt. Zudem sind die Duschen funktionstüchtig und spenden genügend, und vor allem auch heisses, Wasser, was, wie wir mittlerweile zur Genüge feststellen mussten, nicht selbstverständlich ist. In manchen Marinas dauert das Duschen ewig und ähnelt einem Zirkusakt, zum Beispiel wenn anstelle eines anständigen Wasserstrahls nur ein spärliches Rinnsal von der Brause tropft. In spektakulären Verrenkungen ist man dann darum bemüht, allen Körperteilen ein wenig Wasser zukommen zu lassen und das klebrige Duschgel auch an Beinen und Füssen wieder loszuwerden. Gleichzeitig möchte man sich nicht zu sehr an die – oft an Reinlichkeit zu wünschen übrig lassenden – Wände der Duschkabine anlehnen… Manchmal ist auch einiges an Kreativität gefragt, was das Aufhängen der Kleider angeht, besonders, wenn weder Haken noch Ablageflächen vorhanden sind. Am besten verstaut man sie möglichst wasserfest in einer Badetasche, denn die Duschen sind oft so angelegt, dass am Schluss nicht nur der Körper abgespritzt, sondern auch die Umkleidezone triefend nass ist. Oder der Abfluss ist verstopft und man balanciert während dem Einseifen auf dem dünnen Duschwannenrand, um nicht in die undefinierbare Wasserpfütze treten zu müssen. Manchmal denkt man da schon sehnsüchtig an die eigene Dusche in der warmen Wohnung zurück…

In der Marina von Lagos ist dies alles, wie gesagt, zum Glück kein Thema. Wobei die Männer kürzlich etwas Pech hatten, oder besser gesagt, Glück im Pech. Seit drei Wochen ist der Heisswasserboiler in den Männerduschen defekt und die Reparatur scheint kompliziert zu sein. Die Zwischenlösung sah vor, dass die Männer nicht nur während gewissen Zeiten die Frauenduschen, sondern auch den Spa-Bereich des nahen Viersternehotels nutzen durften, bis die Frauen schliesslich rebellierten. Nun ist die Regelung wie folgt: Die Frauenduschen gehören wieder den Frauen allein und die Männer suhlen sich „nur“ noch im Hotel-Spa, wo, wie man hört, eine hübsche junge Blondine frische Handtücher ausgibt. Es könnte wohl schlimmer sein.

Wenn wir schon bei den Sanitäranlagen sind: Ein verwandtes Thema, nämlich der morgendliche Gang zur Toilette, ist auch nicht zu unterschätzen. Nicht alle Segler sind so hart gesotten, dass sie ihr Geschäft unter allen Umständen verrichten können. Manchmal benötigt man dazu einfach etwas Ruhe und Privatsphäre. Georg Danzer lässt grüssen (wer seine legendäre Klogeschichte noch nicht kennt: https://www.youtube.com/watch?v=bDZLl-Sd5GY). Wenn in den Sanitäranlagen ein ständiges Kommen und Gehen herrscht oder wenn die Putzfrau genau im ungünstigsten Moment in der Nachbarkabine herumzuwuseln beginnt, gestaltet sich die nötige Entspannung etwas schwierig. Auch sollte man für den Weg vom Boot zur Hafentoilette genügend Zeit einplanen, denn es besteht die akute Gefahr, dass man unterwegs verschiedenen bekannten Gestalten begegnet, die alle zu einem ausgiebigen Schwatz aufgelegt sind.

Mit der Zeit jedoch entwickelt man so seine Tricks und Routinen, nicht nur, was den Besuch der Sanitäranlagen angeht, sondern auch, um die Verdauung in Schwung zu halten. Regulas Tipp hierzu: morgens eine Tasse Haferflöckli mit Joghurt und einem Apfel oder einer frischen Orange essen (zumindest im Hafen, auf See fördern Milchprodukte manchmal auch die Seekrankheit). So halten sich die Probleme für sie in Grenzen, obwohl sie erst kürzlich lernte, dass der Spruch mit dem Apfel pro Tag ja eigentlich noch weiter geht. Es heisst nicht nur „an apple a day keeps the doctor away“, sondern auch, „but if the doctor is cute, forget about the fruit“. So relativiert sich die Angelegenheit wieder. Thomas hatte ja schon auf der letzten Reise die Erfahrung gemacht, dass insbesondere die Zahnärztinnen in Portugal ausnehmend hübsch sein können.

Apropos Verdauung: Vor kurzem waren wir für 2 Wochen in der Schweiz, um Familie und Freunde zu besuchen. Wir lieben ja Käse und mögen natürlich auch ein feines Käse-Fondue. Wir hatten zwar einiges an Nachholbedarf, aber man kann es auch übertreiben. Nachdem wir an drei Abenden hintereinander (!) mit einem Fondue verwöhnt wurden, fühlten sich unsere Mägen an wie Betonklötze. Vielleicht hätten wir doch besser vorgängig mit unseren Gastgebern die Menuplanung absprechen sollen… Nichtsdestotrotz haben wir es uns nicht nehmen lassen, uns in der Schweiz grosszügig mit Gruyère, Appenzeller und Vacherin einzudecken. Zurück an Bord der OKOUMÉ luden wir – nach einer gewissen Schonzeit für unsere Mägen – die Crews der IMAGINE und NARUA zu einem traditionellen Fondue ein und genossen in fröhlicher Runde einen kunterbunten franco-schwedisch-schweizerischen Abend. Nebenher lernten wir noch einige schwedische und französische Volkslieder kennen, denn in Schweden ist es Tradition, vor jedem Schluck Schnapps – in unserem Fall Kirsch – ein Lied zu singen, und unsere schwedischen Gäste waren in dieser Hinsicht sehr streng.

Um auf die Enge auf einem Boot zurückzukommen: Ja, Platz und Zuladung auf unserem leichten, knapp 11m langen Schiff sind begrenzt, und ja, wir haben trotzdem ein Fondue-Caquelon aus Gusseisen (und natürlich auch richtige Weingläser) an Bord. Auf gewisse Dinge mögen wir dann doch nicht verzichten. Wegen des Caquelons kommen wir uns manchmal vor wie Wilfried Erdmanns Schwiegermutter. In seinem Buch Segeln mit Wilfried Erdmann meint der berühmte Fahrtensegler, der für das Einfache an Bord und eine Ausrüstung ohne Firlefanz eintritt: „Wer wie meine Schwiegermutter (Atlantikseglerin) mit Motorrad, Plattenspieler, Geflügelschere und  Fonduetopf an Bord reist, wird immer ein zu kleines Schiff haben.“ Immerhin können wir auf erste drei Dinge gut verzichten (wobei ein Plattenspieler an Bord natürlich schon stylisch wäre) ;-)

Eigentlich sollte dieser Beitrag ja von den Arbeiten handeln, die wir während der Zeit hier in Lagos an unserem Boot vorgenommen haben. Irgendwie hat sich die Berichtschreiberin wieder einmal von Nebenerscheinungen (wie Essen und Trinken) ablenken lassen. Um euch nicht noch länger mit barem Text zu langweilen und weil sich der Bereich Technik an Bord sowieso besser mit Hilfe von Bildern schildern lässt, widmen wir unsere Fotostrecke dieses Mal einfach diesem Thema. Für alle, die es interessiert: viel Spass damit, und bis demnächst! Übrigens: Nach einigem Hin und Her steht nun unsere Routenplanung für die nächste Saison, zumindest in groben Zügen. Im März und April wollen wir der Algarvenküste entlang ostwärts segeln und eventuell einen Abstecher nach Marokko machen. Anschliessend heisst das grosse Ziel für den Sommer: Madeira und die Azoren. Wir sind gespannt, ob sich dies verwirklichen lässt und werden euch davon berichten.

So long, herzliche Grüsse aus Lagos, Thomas & Regula
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Lagos Teil 2: Frühlingsgefühle im Januar

24/1/2019

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Wonnemonat...








...Januar :-)

Wie wir hören, versinkt die Schweiz zurzeit im Schnee und die Temperaturen sind so richtig winterlich. Für Januar ist das ja nicht untypisch. Hier in der Algarve hingegen haben wir zuweilen das Gefühl, der Frühling halte schon Einzug: Die Wiesen erstrahlen im saftigen Gelb des blühenden Sauerklees, und der Eukalyptus und die Mandelbäume tragen schon die ersten, weissen Blüten. Wenn man ein paar Meter in die „Höhe“ steigt und die Hügellandschaften westlich von Lagos durchstreift, bietet sich einem ein bezauberndes Schauspiel von wilden kleinen Blumen -  Farbtupfer in rot, blau, violett und weiss, im frischen Schatten der Pinien und Korkeichen. „Winterlich“ muten lediglich die vor reifen Früchten strotzenden Orangen- und Mandarinenbäume an. Die Zitrusfrüchte schmecken hier viel besser und intensiver als in Nordeuropa (wo die Früchte ja oft erst halbreif angeliefert werden): Jeden Samstagvormittag decken wir uns am Wochenmarkt in Lagos mit Obst und Gemüse ein und schwelgen in saftigen Orangen und unglaublich süssen Mandarinen.

Der Gemüsemarkt in Lagos ist wirklich ein Erlebnis: Dicht an dicht reihen sich die Stände aneinander, Einheimische und Touristen gleichermassen drängen sich durch die engen Gassen zwischen Brot, Broccoli, Feigen, Lauch, Guetzli, Tomaten, Honig, Karotten, Zitronen, Koriander, Chuchu, Äpfeln, Piri-Piri, Orangen… Der Markt ist – trotz der Konkurrenz der vielen grossen Supermärkte wie Pingo Doce, Continente, Intermarché oder auch Aldi und Lidl, die es in Lagos quasi an jeder Ecke gibt – wirklich gut besucht. Aber selbst wenn sich vor dem Stand eine lange Schlange (beziehungsweise ein dichtes Gewusel) bildet, nehmen es die meist älteren Gemüsebauern gelassen; für einen Schwatz mit der Kundschaft ist immer Zeit. Und auch der ambitionierte Portugiesisch-Lernende kommt hier nicht zu kurz: Aus dem zahnlosen Murmeln der betagten Verkäuferin herauszuhören, ob der Sack Zwiebeln nun sessenta (gesprochen „s’senta“) oder setenta (gesprochen „s’tenta“) Eurocents kostet (sechzig beziehungsweise siebzig Cents), kann recht anspruchsvoll sein… Das Lächeln nach dem Obrigada (portugiesisch für „danke“) ist dafür immer gratis.

Das einzige, was uns beim Besuch des Marktes nachdenklich stimmt, ist die leichtfertige Verwendung von Einweg-Plastikbeuteln. Nicht nur in Portugal, auch schon in Spanien ist uns aufgefallen, wie achtlos vielerorts damit umgegangen wird. Beim Einkauf von Gemüse und Obst wird jedes Produkt in einen separaten Plastikbeutel gesteckt, und die einzeln verpackten  Lebensmittel am Schluss nochmals in einem grösseren Plastiksack zusammengefasst. In Afurada (bei Porto) sah das Marktareal am Ende des Tages wirklich traurig aus: Plastiksäcke lagen verstreut auf dem Boden, wohin man auch sah. Und spätestens mit dem nächsten Windstoss wurden sie in den Douro – und somit ins Meer – befördert. Wir sind ja sicherlich auch nicht die Vorzeige-Ökos, aber wir versuchen zumindest, beim Einkaufen auf dem Markt auf Plastikbeutel zu verzichten. Stattdessen nehmen wir unsere wiederverwertbaren, waschbaren Gemüsesäckli aus Leinen (erstanden in der Migros) und ernten meist erstaunte Blicke, aber auch immer wieder positives Feedback von den Marktfrauen.

Die Umweltverschmutzung, und insbesondere die Kontamination der Meere, stimmt uns wirklich nachdenklich. Die Situation scheint uns im Vergleich zu unserer ersten Segelreise vor 8 Jahren um einiges schlimmer geworden zu sein. Schon damals hatte uns der im Meer treibende Unrat betroffen gemacht; jetzt aber finden wir wirklich keinen einzigen Strand mehr (und hier in der Algarve gibt es eine Menge wunderschöner Buchten und Strände), auf dem das letzte Hochwasser nicht eine lange Spur an Plastikpartikeln hinterlassen hat. Die Verwendung von Mehrwegbeuteln, eine Massnahme, die so einfach umzusetzen ist (!), und hie und da ein von den hiesigen Seglern organisierter Beach-Cleanup sind zwar sicherlich nicht die Lösung aller Probleme, setzen aber zumindest ein Zeichen.

Was für eine Schande die Verschmutzung der Umwelt ist, wird hier in der westlichen Algarve besonders deutlich, hier, wo steile Klippen majestätisch in den azurbauen Himmel ragen, Basstölpel über glasklarem Wasser ruhig ihre Kreise ziehen und sonnengewärmte Felsen zum Verweilen und Träumen einladen. Die Landschaft ist einfach wunderschön – immer wieder entdecken wir neue Uferwege durch ein Postkarten-Idyll, zum Beispiel in Arrifana oder Monte Clerico an der Westküste Portugals.

Aber auch das Landesinnere Portugals gefällt uns sehr: Anfangs Januar mieten wir für eine Woche ein Auto und fahren über Évora bis ins Douro-Tal hinauf. Nach zwei Tagen im Norden geht es wieder südwärts; wir machen einen Abstecher ins spanische Sevilla und kehren schliesslich in gemütlicher Fahrt durch die Algarve nach Lagos zurück. Die terrassenartig angelegten Weinberge im „Alto Douro“ – ein UNESCO-Weltkulturerbe – haben es uns besonders angetan, auch wenn wir hier beim nächtlichen Spaziergang zum Restaurant erbärmlich frieren und morgens das Eis von der Windschutzscheibe des Mietwagens kratzen müssen. In den steilabfallenden, engen Strassen, die sich durch das noch schattige und teilweise im Nebel liegende Tal winden, versuchen wir, mehr oder weniger erfolgreich, den Gedanken daran zu verdrängen, dass unser in der milden Algarve gemieteter Opel Corsa sicherlich noch nie mit einem Winterreifen in Berührung gekommen ist.

Schliesslich lichtet sich jedoch der Nebel, die Sonne bricht durch und taucht die traumhaften Rebberge in mildes Licht. Unser Weg führt der berühmten N222 entlang. Hier sind sie alle, die grossen Weinberge von Taylor‘s, Croft, Ferreira und Co. Aus den Trauben, die hier wachsen, wird der berühmte Portwein hergestellt. Da wir bei unserem Aufenthalt in Porto bereits einiges an Portwein gekostet und über dessen Herstellung gelernt haben, interessieren wir uns dieses Mal eher für den „normalen“ Wein, der hier ebenfalls angebaut wird (meist etwas weiter oben im Tal) und dessen Qualität uns schon seit Längerem überzeugt hat. Wir besichtigen einerseits die bekannte Quinta do Seixo von Sandeman, andererseits die vergleichsweise winzige Quinta do Monte Travesso in Tabuaço, deren Wein uns am Vortag beim Abendessen so gut geschmeckt hat. Welch ein Gegensatz: Das Gut von Sandeman ist riesig und auf viele Touristen eingestellt. Für die Weinprobe fährt man mit einem Lift in den unteren Stock. Amüsanterweise hat man vergessen, im Gang das Licht anzumachen! Als die Lifttür aufgeht, tappen wir im Stockdunkeln den Gang auf und ab, und finden den Weg schliesslich nur mithilfe der Handy-Taschenlampe. Der helle, modern eingerichtete Degustationssaal wirkt dann wieder luxuriös und etwas kühl, die Aussicht ist allerdings atemberaubend – von hier aus überblickt man das ganze Tal – und das Personal ist freundlich und zuvorkommend.

Die Quinta do Monte Travesso hingegen ist ursprünglich und ungekünstelt. Die Ruhe, die über diesem Weinberg liegt, ist unglaublich. Nur sanftes Vogelgezwitscher dringt von weit her über die Reben an unser Ohr. Die Besitzer der Quinta – José und seine Frau - sind um die 70 und führen das Gut in der fünften Generation. Sie zeigen uns spontan ihr 150 Jahre altes Haus, das in unseren Augen eine Art lebendiges Museum ist, und sogar eine eigene kleine Kapelle besitzt. In der geräumigen Küche wurde bis vor kurzem noch über offenem Feuer gekocht… José zeigt uns auch die Wein-Lagerräume samt Etikettier- und Verkorkungsmaschine, wo die Flaschen einzeln, noch immer von Hand eingelegt werden. José beschäftigt auf seinem Weingut lediglich 3 Frauen. Wie er schmunzelnd erzählt, verlasse er sich gerne auf den weiblichen Fleiss. Wir sind beeindruckt, wie das ältere Paar hier lebt: Im Winter in der eisigen Kälte (lediglich ein Raum wird spärlich mit einem Cheminée beheizt), im Sommer in der glühenden Hitze, wobei die dicken Steinmauern sicherlich für etwas Kühle sorgen. Wir kaufen eine Kiste Reserva-Wein und werden noch mit einem süffigen Schluck Portwein und einer Flasche Olivenöl beschenkt. So ein schöner Besuch, und was für ein Glück, diese Quinta gefunden zu haben!

Wenn man diesen Blogeintrag liest, könnte man meinen, wir seien mit dem Abarbeiten unserer To-do-Liste keinen Schritt weitergekommen. Das täuscht jedoch! Zwischen all den Vergnügungen haben wir nun doch auch das eine oder andere am Boot erledigt. Unter anderem haben wir uns, nach langem Hin- und Herüberlegen, dazu entschieden, einen „Windpiloten“ – einen rein mechanisch arbeitenden Autopiloten mit Windfahne – anzuschaffen. Davon berichten wir jedoch im nächsten Beitrag und belassen es für dieses Mal bei den rein hedonistischen Fotos ;-)

P.S. Die beiden jungen Franzosen an unserem Steg sind inzwischen Eltern geworden! Wir haben den grossen Moment jedoch knapp verpasst: Das Baby – ein Junge – kam einen Tag vor Ende unserer Mietwagen-Tour zur Welt. Zum Glück ist alles gut gegangen und Kind und Mutter sind trotz 14 Stunden Wehen (nach einer gewissen Erholungsphase) wieder wohl auf.
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Lagos Teil 1: Dezembersonne, Strandpartien und Weihnachtslichter

7/12/2018

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Advent, Advent, die Palme brennt!
Die Portugiesen mögen die Weihnachtsbeleuchtung üppig.







Unsere Bord-Weihnachtslichter fallen dagegen recht schlicht und klassisch aus.
Die Zeit rast! Der Samichlaus hat seinen grossen Auftritt schon hinter sich und Lichterketten schmücken die Gassen, Bars und Boote. Schon über einen Monat sind wir nun hier in Lagos, in der Algarve, wo wir auf dem Boot überwintern (wobei „überwintern“ ein etwas in die Irre führender Begriff ist, denn wir sitzen gerade bei strahlend blauem Himmel in kurzer Hose und T-Shirt im Cockpit),  und haben es bis jetzt nicht geschafft, einen neuen Bericht zu schreiben. Jedes Mal, wenn Regula vorhat, sich an den Computer zu setzen, kommt etwas – mehr oder weniger Erfreuliches – dazwischen. Gerade eben, zum Beispiel, wollte Thomas nur schnell ein neues Handtuch aus dem Schapp unter dem WC-Brünneli hervorholen, und musste etwas ernüchtert feststellen, dass sämtliche Frottee-Tücher pitschnass waren. Und natürlich war auch unsere Notreserve an Bargeld, die wir hier zwischen den Tüchern untergebracht hatten, in Mitleidenschaft gezogen worden. Wir trocknen die Banknoten nun vorsichtig auf dem letzten trockenen Handtuch; Geldwäsche einmal anders… Bei der Montage des neuen Wassermachers (mit dem wir nun wertvolles Süsswasser aus dem Meerwasser gewinnen können) ist wohl etwas schiefgelaufen. Wegen einer Unachtsamkeit war der Lavabo-Ablauf nicht mehr dicht. Das Malheur konnten wir zum Glück schnell beheben und dank des schönen Wetters sollten auch die Handtücher wieder trocknen, die nun nach der ungeplanten Wäsche an diversen Leinen quer über dem Cockpit hängen (weil die Tücher hauptsächlich gelb und orange sind, sieht es bei uns gerade aus wie auf einem Tibeter-Boot). Dass das durchnässte Zeug vor dem Eindunkeln noch trocknet, ist nicht selbstverständlich. Wir haben hier zwar seit vielen Tagen strahlenden Sonnenschein und die Temperaturen erreichen tagsüber oft 20 Grad und mehr, aber auch hier im Süden Portugals werden die Tage nun kürzer und die Nächte sind kühl und feucht. Immer öfter sind wir morgens damit beschäftigt, das Kondenswasser von den Luken zu wischen und das Schwitzwasser aus der Koje zu entfernen, das sich in besonders kalten und feuchten Nächten – trotz Belüftungsunterlage unter der Matratze – bildet. Da hilft nur eines: regelmässig Polster hoch heben, Schränke öffnen, und alles gut durchlüften und trocknen lassen, was bei den meist sehr angenehmen Tagestemperaturen glücklicherweise gut möglich ist.

Wenn wir nicht gerade damit beschäftigt sind, Wasser (in welcher Form auch immer) aus dem Boot zu schaffen, halten uns andere, erfreulichere, Dinge vom Bloggen ab. Es gibt hier in der Marina von Lagos eine aktive Segler-Community. Regelmässig werden Aktivitäten organisiert, an denen man spontan teilnehmen kann oder auch nicht. So wandern wir mittwochs oftmals mit den sogenannten „Lagos Strollers“ durch das portugiesische Hinterland, gehen über goldgelbe, verlassene Strände, schlendern durch beeindruckende, schroffe Klippenlandschaften oder noch ursprüngliche Dörfer und lernen auf diese Weise die Region rund um Lagos besser kennen. In einer gewissen Weise erinnern uns diese Wanderungen an die „Hashes“ – die ungezwungenen, und meist sehr schlammigen, Walks (und Runs) durch den Dschungel, die wir von der Karibik her kennen. Die stets perfekt geplanten Ausflüge der Strollers laufen zwar um einiges „gesitteter“ ab als die karibischen Hashes, sind aber nichtsdestotrotz sehr entspannt und erlauben es einem, die Umgebung so richtig auf sich wirken zu lassen. Am Ende des Tages hat man dann doch so einige Kilometer hinter sich gebracht, und dies in einer interessanten, gemischten Truppe von Seglern, Aussteigern verschiedener Couleur und anderen lustigen Vögeln.

Donnerstags versuchen wir uns im Portugiesisch-Kurs für Anfänger, ab und zu zieht es Regula ins öffentliche Hallenbad zwecks Bewahrung der mühsam erlernten Crawl-Schwimmzüge, und alle zwei Wochen findet eine „Music Night“ statt, bei der man sich in gemütlicher Runde zum Jammen, Songs-Vortragen oder einfach nur zum Zuhören trifft. Thomas kann hier seit Langem einmal wieder in die Bass-Saiten greifen und Regula versucht, die inzwischen recht eingerostete Stimme zu lösen. Mit „Alperose“ von Polo Hofer (beziehungsweise Hanery Amman) tragen wir zum internationalen Anstrich dieser Musikabende bei – nur leider versteht ausser uns keiner den Text, denn wir sind meist die einzigen Schweizer…

Und dann wäre da ja noch unsere To-Do-Liste. Die Arbeiten, die wir am Boot vornehmen wollen, füllen schon wieder eine gute A4-Seite. Da steht schon so einiges wie „Sicherung von Bücherbords und Bodenbrettern im Salon“, „zusätzliche Tablare in Küche“, „Cockpittisch abschleifen und ölen“, „Vorschoten-Umlenkung vor Fensterkanten“, „Salingleder für zweite Saling“, „Winschen reinigen und fetten“, „Stromschiene montieren“, „Iridium-Handy montieren“, „Wassermacher installieren“, „Reff 3 für Grosssegel vorbereiten“, „Halterung für Ersatzgasflasche im Ankerkasten“, „Backskisten besser abdichten“, „Heckflutlicht montieren“, „Pfannendeckel- und Bäseli-Halter einrichten“, „Kühlschrank-Thermostat reparieren“ und, und, und… Wir haben noch nicht einmal die Hälfte geschafft – die Ablenkungen sind einfach zu verführerisch, zum Beispiel wenn uns die beiden Franzosen Dominique und Bernard vom Steg gegenüber spontan zu einer Spritztour mit ihrem Auto einladen. Die beiden Segler aus der Bretagne verbringen nun bereits den fünften Winter hier in Lagos und kennen sich bestens in der Gegend aus. Nur zur gerne nehmen sie uns mit und zeigen uns ihre Lieblingsplätze – etwa verwunschene, kleine Dörfer oder wilde Strände, Klippen und Felsen in den verschiedensten Farben und Formen –, aber auch die andere Seite der Algarve: nachdenklich stimmende, riesige Retorten-Überbauungen und gespenstisch anmutende, im Winter verlassene Ferien- und Hotelanlagen, die leider immer mehr das Gesamtbild der Region prägen. Für die schönen und interessanten Ausflüge revanchieren wir uns mit einem Drei-Gänge-Menü bei uns an Bord oder einem gemeinsamen Segeltag auf der OKOUMÉ.

So sehr wir den Austausch mit Dominique und Bernard auch schätzen: Nach einem Tag des Französischsprechens sind wir meist recht geschafft. Um auf das Thema des Durchlüftens zurückzukommen: Nicht nur unser Boot wird regelmässig durchlüftet, sondern auch unsere Gehirne und zwar hauptsächlich sprachtechnisch. Unsere mündlichen Englisch-, Französisch- (und neuerdings auch sehr mageren Portugiesisch-)Kenntnisse werden täglich auf die Probe gestellt und dies meist im schnellen Wechsel. Regulas Hirnzellen sind besonders beansprucht, denn sie sind sich von der täglichen Büroarbeit vor allem die schriftliche – und kaum die mündliche – Kommunikation in Fremdsprachen gewöhnt, und dies auch wieder nur in einem spezifischen Bereich. Thomas fällt die spontane Unterhaltung auf Französisch da schon einiges leichter. Aber auch er ringt manchmal um Worte, denn hier kommen wirklich sämtliche Lebensbereiche zur Sprache.

Auch sonst werden in unserem neuen Leben auf dem Segelboot ganz andere Hirnzellen stimuliert als in unserem früheren Alltag an Land. Gefragt sind hier vor allem Flexibilität, das Erkennen von praktischen Lösungen in einem sich immer wieder verändernden Umfeld und in unvorhergesehenen Situationen. Immer wieder müssen wir „umdenken“, unsere Scheuklappen abwerfen und über unseren üblichen Horizont hinaus blicken. Dies ist nicht immer einfach, tut unseren Köpfen aber gut.

Immerhin: Auch wenn unsere Fremdsprachenkenntnisse manchmal an ihre Grenzen kommen, so sind wir doch froh, wenigstens einigermassen mit den anderen Seglern oder den Einheimischen kommunizieren zu können. Wie schade wäre es, wenn wir kein Englisch oder Französisch sprechen und nicht mit den Leuten reden könnten! So würden verschiedene hübsche Geschichten unbemerkt an uns vorübergehen, die doch so schön die unterschiedlichen Mentalitäten aufzeigen, die in einem Ort wie hier in Lagos zusammen kommen. Die Engländer lieben, zum Beispiel, eine gewisse Bar in Raposeira (ein Ort, der immer wieder gerne als Schlusspunkt der Wanderungen angesteuert wird), weil es in dieser Bar ein spezielles schwarzes Bier gibt, das man sonst in der Region nirgendwo erhält. Bernard, der Bretone, meint hierzu verschmitzt: Er sei früher in seinem Beruf als Hochseetaucher oft für lange Zeit auf See gewesen. Wenn er und seine jungen Kollegen dann einmal Landurlaub hatten, zog es sie natürlich auch als erstes in die nächste Bar, aber nicht, wie die Engländer, wegen des Biers, sondern wegen der „jolie serveuse“. Apropos französische Vorlieben: Kürzlich hörten wir im Radio eine Sendung über das kulinarische Erbe der Schweiz. In dem vom Bund initiierten Inventar figuriert offenbar auch das „Aromat“, das sich, so der Sprecher am Radio, bei Herrn und Frau Schweizer noch immer besonderer Beliebtheit erfreut. Wir wissen ja nicht, was auf der entsprechenden Liste in Frankreich steht (wenn es eine solche gibt), aber eines steht fest: Sicher würde da etwas ganz anderes aufgeführt (Champagner, Bordeaux, Moules?...) und wohl kaum eine Gewürzmischung, die jedem Gericht den Charakter raubt und mit ihrem penetranten Aroma jeglichen Eigengeschmack eines Produkts übertüncht.

Wie überall, wo Fahrtensegler zusammen kommen, sind auch hier in Lagos die Gegensätze zwischen den Seglern gross, was das Ganze ja auch so spannend macht. Einerseits liegen hier luxuriöse Yachten von 60 Fuss. Andererseits gibt es auch Individualisten, deren finanzielle Mittel sehr begrenzt sind und die trotzdem einen Weg finden, eine lange Reise zu machen. An unserem Steg liegt zum Beispiel ein kleines französisches Boot (unter 9 Meter), auf dem nicht nur ein junges Paar, sondern auch auch ein Hund, ein Velo, Blumensträusse, Gewürze in Töpfen, und immer wieder auch Freunde Platz finden. Das aufgestellte, junge Paar erwartet im Januar ein Baby und hat vor, die Geburt auf dem Boot über die Bühne gehen zu lassen, mithilfe einer Hebamme. Wir sind gespannt (und hoffen, dass alles gut geht!), denn so etwas haben wir ja auch noch nicht erlebt… Der werdende Vater arbeitet fleissig daran, das Boot wohnlicher und sicherer zu machen. Wir leihen ihm Werkzeug und er beschenkt uns dafür mit einem vorgefertigten Stück Sperrholz, das wir für ein neues Tablar im Küchenschrank benötigen. Es ist schön, dass die Hilfsbereitschaft unter den Yachties noch immer so lebendig ist. Dies scheint sich seit unserer letzten Reise vor fast 10 Jahren nicht geändert zu haben.

Jetzt ist es aber genug der Worte und wir lassen lieber ein paar Bilder sprechen. Viel Spass damit:
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Herzliche Grüsse aus Lagos
und bis zum nächsten Bericht :-)

Thomas & Regula
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Den Fängen des Zombies entronnen: Hurrikan Leslie bremst uns aus.

29/10/2018

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In Porto bleiben wir wetterbedingt um einiges länger als geplant.








Es könnte schlimmer sein.
Unser Alltag hier an Bord der OKOUMÉ unterscheidet sich in einem Punkt besonders stark von unserem früheren Leben an Land: Als wir noch in Seegräben wohnten, bestimmten verschiedene Faktoren unseren Zeitplan, hauptsächlich die Arbeit, aber auch der Fahrplan sowie die Öffnungszeiten von Geschäften oder Verabredungen mit Freunden in der Freizeit. Das Wetter spielte für den Tagesablauf nur eine untergeordnete Rolle. Dies könnte nun anders nicht sein, denn das Wetter ist das allbestimmende Element. Unser schwimmendes Zuhause und somit auch seine Crew sind Wind, Seegang und der Witterung direkt ausgesetzt. Unser Bordalltag und unsere Aktivitäten richten sich hauptsächlich nach dem Wetter: Ist der Wind (und fast noch wichtiger: sind die Wellen) günstig für den nächsten Schlag südwärts? Können wir das Boot im jeweiligen Hafen unbeaufsichtigt liegen lassen für den geplanten Landausflug oder droht Gefahr durch die bald erwartete Front? Werden wir in der Nacht gut schlafen können oder wird uns der auf das Deck prasselnde Regen wach halten? Das Wetter bestimmt, wo es lang geht, und wir müssen uns anpassen. Dass nicht alles nach unseren Köpfen gehen kann und wie klein wir im Vergleich zu den Kräften der Natur sind, haben wir vor Kurzem einmal mehr deutlich zu spüren bekommen:

Am 5. Oktober laufen wir bei besten Bedingungen in den Fluss Douro ein und machen in der nur wenige Kilometer vom Stadtzentrum Portos entfernten Marina Douro fest. Das Timing stimmt: Drei Tage später trifft Thomas‘ Schwester Käthi in Porto ein. Sie verbringt bei uns an Bord ihre Ferien und wir wollen zusammen in eineinhalb Wochen nach Lissabon segeln. Die rund 170 Seemeilen sollten in dieser Zeit unter normalen Umständen gut zu schaffen sein. Doch es kommt alles anders. Hurrikan Leslie, der sich schon seit Ende September im nördlichen Atlantik herumtreibt, kommt der Küste Portugals immer näher und sorgt für ungewöhnlich viel Südwind (da wollen wir doch hin!) und stetig hohen Seegang in unserer Region. Am 11. Oktober sehen die Bedingungen jedoch relativ günstig aus und wir verlassen früh morgens unseren Liegeplatz in der Douro Marina, um die rund 65 Seemeilen bis zum nächsten Hafen – Figueira da Foz – noch bei Tageslicht hinter uns bringen zu können. Der Betonnung entlang tasten wir uns zur Ausfahrt aus dem Douro vor, drehen jedoch vor der Ausfahrt ins offene Meer wieder um. Auf der Barre bricht sich die wilde See; der Ebbstrom steht dem von Westen heranlaufenden Schwell entgegen und es sieht aus wie in einer Waschmaschine. Auch an den nächsten Tagen ist an ein Auslaufen für uns nicht zu denken, denn Leslie fängt nun an „Sperenzchen“ zu machen. Gemäss den neuesten Wettermodellen wird der Hurrikan tatsächlich irgendwo an der portugiesischen Küste Landfall machen. Wo genau kann noch niemand sagen, denn Leslie ändert immer wieder unberechenbar ihren Kurs. Weil sie scheinbar ziellos hin und her irrt, bekommt sie in den Zeitungen bald den Übernamen „the zombie“. In der Nacht vom 13. auf den 14. Oktober ist es dann soweit: Gemäss den Wetterberichten soll Leslie nun „endlich“ auf Land treffen. Das meist verbreitete Modell geht davon aus, dass das Zentrum des Sturms weiter südlich von uns – in der Region um Lissabon – durchziehen wird. An den Stegen der Marina herrscht einerseits emsige Betriebsamkeit, viele Bootseigner kümmern sich besorgt um ihre Boote, legen mehr Leinen aus, schauen nach Scheuerstellen, binden fest, was im Sturm wegfliegen könnte; hier und da wird eine nervöse Zigarette angezündet und man lenkt sich mit Smalltalk ab oder hilft einander beim Festmachen. Andere Eigner scheinen sich wiederum überhaupt keine Gedanken zu machen und lassen ihre Boote völlig unbeaufsichtigt und an wenigen, lächerlich dünnen Leinchen verkümmern. Wir haben Glück, wir haben eine Box für uns alleine und können unsere OKOUMÉ nach allen Seiten hin gut vertäuen.

Als wir bei Anbruch der Nacht den neuesten Wetterbericht hereinbekommen, sträuben sich uns die Nackenhaare. Leslie zieht nun doch nordwärts die portugiesische Küste hoch, in unsere Richtung! Auch der kurze Austausch mit dem Portugiesen, der sich um das Motorboot vis-à-vis kümmert, trägt nicht sonderlich zu unserer Beruhigung bei. „In 1,5 hours it will happen: Hurricane Leslie will make landfall here on the coast“, meint er und zündet sich noch eine Zigarette an. Das letzte Mal, dass Portugal von einem Orkan heimgesucht worden sei, sei im Jahr 1848 gewesen. „Will the marina hold?“ fragt Käthi. Er zuckt die Schultern. „I hope so“, meint er lapidar, tritt den Glimmstängel aus und macht sich über den Steg von dannen.

Wir machen eine Notfalltasche mit den wichtigsten Dokumenten und ein paar Kleidern zum Wechseln bereit, für den Fall, dass wir das Boot kurzfristig verlassen müssen. Wir klaren auch im Bootsinnern alles so auf, als würden wir auf See fahren. Dann lenken wir uns mit Fotos-Anschauen, Lesen und Teetrinken (die einen) beziehungsweise Portweinnippen (die anderen) ab. Inzwischen regnet es Bindfäden und die Boote schaukeln unruhig und ziehen immer wieder ruckartig an den Leinen (wobei wir uns an Letzteres schon gewöhnt haben, denn der Hafen ist schon seit Tagen dem stetig steigenden Schwell und starker Strömung ausgesetzt). Dann kommt der Wind. Als hätte jemand den Schalter umgelegt, weht es plötzlich mit 30 bis gut 40 Knoten. Dabei bleibt es aber auch – nach ein paar Stunden ist der Spuk vorbei, der Wind dreht von Nordost auf Nordwest und nimmt merklich ab. Wir können quasi im Minutentakt zusehen, wie das Barometer wieder steigt. Das Zentrum muss südlich von uns durchgezogen sein. Um zwei Uhr nachts legt sich auch die letzte von uns dreien schlafen.

Es war also alles nur halb so schlimm – das denken wir zumindest, als wir am nächsten Morgen gemütlich im Salon beim Zmorge sitzen und wieder lachen können. Wie wir im Hafenbüro später jedoch erfahren, waren andere Küstenbereiche nicht so glimpflich davongekommen. In der Region um Figueira da Foz (da, wo wir vor einigen Tagen noch hin wollten) sei es zu grösseren Schäden gekommen, heisst es. Später sehen wir mit eigenen Augen, wovon man uns erzählt hat und wovon auch die News berichten. Weil es noch einige Zeit dauert, bis sich die See nach dem Sturm wieder beruhigt, mieten wir ein Auto und fahren mit Käthi während zweier Tage der Küste entlang bis nach Lissabon. Etwa 100 km südlich von Porto wird deutlich, was Leslie angerichtet hat. Hier hat es laut Medienberichten Böen mit bis zu 176 km/h gegeben. Der Sturm hat mächtige Bäume entwurzelt oder mittig abgeknickt wie Zahnstocher. Abgerissene Äste begraben Strommasten und Leitungen unter sich. Kein Wunder, dass rund 100‘000 Haushalte in Portugal ohne Strom sind. Strassenschilder wurden verbogen oder umgerissen. Lampenschirme und Gebäudefenster sind zersplittert. Immer wieder sehen wir halb abgedeckte Häuserdächer, Ziegel liegen in den Gassen. Anfänglich waren wir schon etwas enttäuscht gewesen, dass wir bei unserem Versuch, südwärts zu segeln wieder umkehren mussten und Käthi – die so gerne segeln gehen wollte – zu keinem einzigen Segelschlag gekommen ist. Im Nachhinein wussten wir, dass wir grosses Glück gehabt haben. Wären wir damals tatsächlich südwärts gesegelt, hätten wir den Sturm in Figueira da Foz aussitzen müssen und ihn in seiner vollen Stärke abbekommen. So sind wir mit einem blauen Auge davongekommen!

Ein Freund von uns hat uns einmal ein schönes Lebensmotto verraten. Frei nach einem arabischen Sprichwort braucht es drei Dinge, um durchs Leben zu kommen: Humor, Geduld – und Humor. Wir werden versuchen, diese Weisheit mehr zu beherzigen. Gerade bei einem Leben auf einem Segelboot kann dies ungemein hilfreich sein ;-) Die Natur ist stärker als wir und wir müssen uns unterordnen und uns immer wieder in Geduld üben, wenn etwas nicht nach unseren Plänen läuft. Und Grund Humor zu pflegen, gibt es an Bord und auf Reisen auch zur Genüge. Zum Beispiel, als Regula nach einem Port Tonic (der portugiesischen Variante des Gin Tonic – anstelle von Gin verwendet man für den Drink weissen Portwein) in einer hübschen Strandbar beim Absteigen vom Klappvelo die Balance verliert und einfach umkippt wie ein Kind, das zum ersten mal ohne Stützräder unterwegs ist (es war wirklich nur EIN Port Tonic gewesen). Oder als wir in Baiona lagen und dieses Glockengeläute in der Melodie des Big Ben unsere Aufmerksamkeit auf sich zog. Thomas war überzeugt, dass das Läuten im Viertelstundentakt erst angefangen hatte, seit dieser Brite am Steg drüben festgemacht hatte. Als kurz darauf noch lautes Dudelsackgeplärre über die Marina drang, wurde es Thomas zu bunt und er war drauf und dran, zu dem Briten hinüberzugehen und ihm klarzumachen, dass er hier doch nicht alleine sei und seinen Nationalismus doch bitte etwas zurückhaltender ausleben möge. Beim späteren Spaziergang durch den Ort entdeckten wir, dass das Big Ben-Läuten aus einem Lautsprecher stammte und die Dudelsackmusik von einem Strassenfest herrührte… Über uns selber lachen mussten wir auch, als wir eines schönen Tages feststellten, dass einer unserer beiden grossen Kugelfender am Heck auffällig viel Luft verloren hatte. Merkwürdig, da war ein Loch mitten in der Fenderwand, woher das wohl stammte? Erst nach einigem Hin- und Herüberlegen ging uns auf, dass wir „Gfröörli“ einige Tage zuvor für ein paar Stunden die Dieselheizung angemacht hatten. Dabei hatten wir vergessen, dass der Kugelfender direkt über dem Heizungsauspuff hing. Die Hitze hatte den Kunststoff regelrecht schmelzen lassen.

Einer gewissen Ironie entbehrte auch die folgende Szene nicht: Nachdem sich das Wetter endlich etwas beruhigt hat, schaffen wir es tatsächlich, die Marina Douro bei Porto zu verlassen. Über Figueira da Foz und Nazaré segeln wir (beziehungsweise motoren wir, denn der Wind ist bisweilen sehr schwach und zu achterlich) nach Oeiras, einem Vorort von Lissabon. In dieser Marina waren wir 8 Jahre zuvor auch schon und der überschaubare Hafen in der reizvollen Umgebung am Tejo hatte uns damals gut gefallen. Wir freuen uns also sehr, wieder hier anzulegen. Im letzten Büchsenlicht machen wir heckvoran am zugewiesenen Liegeplatz fest. Romantisch richten wir es uns im Cockpit ein: Kerzen, ein schönes Glas Wein, und auf dem Herd köchelt ein feines Dinner. Als angerichtet ist und über uns die neuen, grellweissen Hafenscheinwerfer angehen und das Cockpit taghell erleuchten, können wir unsere Kerzen wieder ausblasen.

Nichtsdestotrotz ist unser Aufenthalt hier in Oeiras erneut ein sehr positives Erlebnis. Die Marina ist gut geschützt, der Ort hat Charme, die Promenade am Tejo entlang lädt zum Spazieren ein und auch die Anbindung an Lissabon ist gut (mit dem Zug ist man in 20 Minuten im Stadtzentrum). Zudem treffen wir hier auf Sam und Manu, gute Freunde von uns, die hier ein paar Tage Ferien machen. Wir laden die beiden zum Abendessen an Bord ein und es wird – Scheinwerferlicht hin oder her – ein sehr gemütlicher und entspannter Abend. Und wie schön ist es auch, hier ein weiteres bekanntes Gesicht zu sehen: Merisa, die im Marina-Büro arbeitet und die wir bei unserem letzten Besuch kennenlernten, ist dem Hafen seit 11 Jahren treu geblieben. Sie ist eine Portugiesin, die in der Schweiz aufgewachsen ist, und wir plaudern über dieses und jenes auf Schweizerdeutsch. Die Freude über das Wiedersehen ist gross.

Auch wenn wir in Oeiras noch länger bleiben könnten: Der Winter klopft an die Tür, die Tage werden merklich kürzer, die Nächte kühler und die Bedingungen weniger beständig. Es wird Zeit, die Algarve anzusteuern, wo wir an Bord „überwintern“ wollen. In der Marina Lagos haben wir für drei Monate einen Platz reserviert. Während wir nun also auf ein geeignetes Wetterfenster für den Nachtschlag südwärts warten, kommen hier ein paar Fotos von Galizien und der portugiesischen Westküste:
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Grenzenlos baskisch

17/9/2018

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Euskadi –
willkommen im Baskenland!
Es ist schon bemerkenswert. Noch ist es nicht allzu lange her, dass wir die Schweiz verlassen und uns mit der OKOUMÉ auf die Reise gemacht haben, und schon scheinen sich Grenzen aufzulockern und zu verschieben. Nach unserem ersten Nachtschlag erreichen wir von La Rochelle aus die baskische Stadt Hendaye, die ganz im «Knie» der Biskaya liegt. Von hier aus sieht man über die Landesgrenze Frankreichs nach Spanien hinüber. Die beiden Länder trennt hier lediglich ein Kanal, der vom Meer her ins Landesinnere führt. Für uns Schweizer ist es schon auffällig, dass man es hier mit den Verboten nicht so genau nimmt. Zum Beispiel ist es nicht gestattet, auf der Hafenmole Velo zu fahren, mit seinem Hund Gassi zu gehen oder von der Mole aus zu baden. So machen es jedenfalls die grossen, runden und rotweissen Schilder deutlich, die jeden Spaziergänger, der über die Mole flaniert, begrüssen. Als wir kurz nach dem Anleger von unserem Liegeplatz zur nahegelegenen Mole hinübergucken, sehen wir als erstes einen jungen Burschen auf seinem Drahtesel über den Beton düsen. Ihm entgegen kommt eine elegant gekleidete Dame, im Schlepptau ein schön frisiertes Pudelchen. Und auf der spanischen Seite springen die einheimischen Jungs munter vom Fähranleger ins Flusswasser – zur Belustigung der Touristen, die hier auf die kleine Fähre warten, die in unregelmässigen Abständen zwischen den beiden Ländern hin und her pendelt.
 
In Zumaia, unserem zweiten Stopp im Baskenland, interpretieren die Bewohner die Verbotsschilder gar noch mehr zu ihren Gunsten. Das Schild «Schwimmen und Fischen verboten» ist hier wohl gleichbedeutend mit «öffentliches Badeareal» und «behördlich abgesegnete Anglerzone». Am Feierabend geht es hier zu wie bei uns im Freibad (sonntags, bei 30 Grad) beziehungsweise am Pfäffikersee: Überall am Kanal treffen sich Freunde und Familie zum Planschen, Angeln, Musik hören, Plaudern und Diskutieren… Die Rampe zum Einwassern von Booten wird kurzerhand zur Liegewiese umfunktioniert, die Kanalbrücke wird zum Sprungturm. Ausser uns scheint dies keinen hier zu wundern.
 
Eigentlich macht es ja Sinn, dass die Basken die gesetzlichen Vorgaben etwas freier interpretieren, denn das Baskengebiet hält sich ja auch nicht an politische Landesgrenzen. Ob nun im spanischen oder französischen Teil: Wiederholt haben wir das Gefühl, dass die Einwohner ihre Zugehörigkeit zum Baskenland mit einem gewissen Stolz verbinden. Der Zufall will es, dass wir in Hendaye von einem französischen Seglerpaar, das hier mit seiner RM1270 liegt, zum Apéro eingeladen werden. Voller Freude und Enthusiasmus wird aufgetischt, und wir dürfen das Boot erst wieder verlassen, nachdem wir sämtliche baskische Spezialitäten probiert haben, die sich in der Bordküche haben finden lassen: cremigen Schafskäse aus den Pyrenäen, aromatische Pastete aus Schweinefleisch, saftigen Chorizo und würzigen Rotwein aus der Region, und zum Schluss noch einen speziellen Schnaps, dessen Namen wir (vielleicht aufgrund der schon vorgerückten Stunde) bereits wieder vergessen haben.
 
Zugegeben, für Verwirrung in Sachen Grenzen sorgen wir manchmal auch selber. Eigentlich sind wir ja Schweizer. Am Heck unserer OKOUMÉ weht jedoch die französische Flagge. Und unsere Handynummer hat eine englische Vorwahl (wir haben eine Prepaid-Simkarte von Swiss Mobile zur Optimierung der Roaminggebühren). Ein dänisches Seglerpaar, das wir in Santander kennenlernen und mit dem wir die Kontaktdaten austauschen, bringt uns kurz darauf unser Visitenkärtchen zurück und meint, da müsse uns ein Fehler unterlaufen sein, +44 sei doch gar nicht die Vorwahl für die Schweiz. Und immer wieder ernten wir erstaunte Blicke von französischen Seglern, die sich über unseren etwas eigenartigen Akzent wundern.
 
Manchmal wäre das Beachten von Grenzen zwar schon nicht schlecht. Leser des letzten Teils unseres Blogs mögen sich vielleicht erinnern, dass unser Gennaker bereits beim Aufziehen im Hafen von La Rochelle für eine gewisse Hektik sorgte. Inzwischen haben wir das schöne, bauchige Segel zweimal auf See eingesetzt: Das erste Mal, auf dem Weg von Hendaye nach Zumaia, bereitet uns der Gennaker noch viel Spass und sorgt für gute Fahrt bei wenig achterlichem Wind und relativ glatter See. Beim zweiten Einsatz, unterwegs nach Bilbao, lässt das Ausrollen des weiss-grünen Vorsegels (das übrigens wirklich die richtigen Farben und Muster hat) wieder unsere Herzen höher schlagen, zumindest anfangs, als wir bei 6-9 Knoten Wind aus 150 Grad den brummenden Motor abstellen können und unter Gross und Gennaker zügig vorwärts kommen. Etwa 10 Meilen vor der Einfahrt in die Bucht von Bilbao frischt der Wind jedoch stetig auf. Zwischen den Felsen und einem Sperrgebiet rauschen wir mit 8 bis 9 Knoten dahin. Spätestens jetzt wäre der Moment gekommen, den Gennaker einzuholen, aber der Kurs passt, es rauscht gerade so schön, und viel Raum zum Navigieren haben wir hier eh nicht... Nachdem wir das Sperrgebiet passiert haben und doch noch zur Vernunft finden, den Gennaker nun einrollen zu wollen, ist es schon zu spät: Der Wind bläst inzwischen mit guten 4 Beaufort (wenn wir ehrlich sind, kratzt er bereits an der Grenze zu 5 Windstärken) und eine beachtliche Windsee hat sich zum Grundschwell hinzugesellt. Wir schaffen es nicht, das grosse Vorsegel einzuziehen, es wickelt sich um die am Vorstag aufgerollte Genua und vertörnt sich so blöd, dass wir eine gute Stunde damit beschäftigt sind, es freizubekommen. Zum Glück steuert der Autopilot die OKOUMÉ, die inzwischen allein unter Gross bis zu 7 Knoten Fahrt macht, verlässlich vor dem Wind, denn als sich das Spifall samt Stag endlich löst, brauchen wir alle vier Hände, um den mächtigen, sich im Wind immer wieder aufbauschenden Gennaker herunter zu zerren; wir setzen, ja legen uns auf das Tuch, und befördern es schliesslich in einem grossen Knäuel unter Deck, wo es den ganzen Salon ausfüllt…

Inzwischen haben wir (auch ohne Gennaker) das Baskenland hinter uns gelassen und Galizien erreicht. Eigentlich sind wir ja in Spanien, aber die Temperaturen hier erinnern uns eher an die Bretagne. Der Wind, der meist aus Nordost weht, ist kühl und ein Blick auf die Instrumente verrät uns, dass das Wasser 14,4 Grad hat. Thomas’ Fazit: Das nächste Boot braucht eine Bodenheizung ;-) Unseren wassergekühlten Kühlschrank aber freut’s: Er führt nun ein Flohnerleben und kann, ganz im Sinne der Region, auch einmal Siesta machen. Während wir also die Wollsocken anziehen und es uns im Windschatten mit einem eisgekühlten «Estrella Galicia» bequem machen, folgen für die, die mögen, hier ein paar Fotos zu unserer bisherigen Segelreise:
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Umzug in ein neues Leben

19/8/2018

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Unser neues (inzwischen schwimmendes) Zuhause
Wir sind umgezogen! Nach einigen arbeitsreichen letzten Tagen in der Schweiz, während der wir beide unseren letzten Arbeitstag hinter uns gebracht, die Wohnung geleert, geputzt und an die neuen Mieter übergeben und noch die verbleibenden amtlichen Angelegenheiten geklärt haben, sind wir nun endlich in La Rochelle angekommen. Jetzt wohnen wir auf der OKOUMÉ, unserem neuen, schwimmenden Zuhause. Irgendwie scheint uns die Situation noch ein wenig unwirklich. Eben noch waren wir total in den Arbeitsalltag eingespannt, kümmerten uns um dieses und jenes, organisierten, entsorgten, verschenkten, verkauften, packten (und packten wieder aus und suchten), und genossen daneben – wenn auch etwas wehmütig - die letzten Verabredungen mit Freunden und der Familie. Dann setzten wir uns in das Auto unserer ehemaligen Nachbarn Thomas und Yvette, die uns von Grüningen nach La Rochelle chauffierten – kein Witz, sondern einfach nur grosse Klasse und Grosszügigkeit, denn vor der gemeinsamen Reise westwärts wurden wir von den beiden noch nach Strich und Faden verwöhnt: Während der letzten beiden Nächte in der Schweiz konnten wir bei ihnen übernachten und wurden auch noch verköstigt wie in einem Feinschmeckerrestaurant! Nachdem wir die Tage zuvor damit zugebracht hatten, die restlichen Esswaren in unserer immer spärlicher eingerichteten Küche zu verwerten, waren die kulinarischen Zustände bei Thomas und Yvette für uns geradezu paradiesisch.
 
In La Rochelle angekommen, genossen wir mit Thomas und Yvette ein paar schöne gemeinsame Abende, und auch Regulas Bruder Christian reiste noch an und leistete uns während zweier Tage Gesellschaft. Nebst ein wenig Sightseeing und Planschen im Meer musste dieser gleich mit anpacken und helfen, Thomas ins 18 Meter hohe Masttopp zu hieven. Die oben am Mast angebrachte Windgebereinheit hatte sich wohl während der Winterstürme etwas gelöst, Wasser war eingedrungen und der Anschluss korrodiert. Der lokale Raymarine-Händler (Pochon) händigte uns auf Garantie einen neuen Geber aus und Thomas montierte das Gerät in der schwindelerregenden Höhe (mit halb geschlossenen Augen). Die Zeit mit Christian verging wie im Flug - und plötzlich waren wir allein. Erst jetzt fingen wir an zu realisieren, dass wir tatsächlich da waren; ein neuer Lebensabschnitt hat begonnen. Dieser Prozess wird sicher noch eine Weile andauern.
 
Nachdem unser Besuch abgereist war, gab es keine Ausreden mehr, die anderen anstehenden Arbeiten an unserem Boot hinauszuschieben. Das Wetter war angenehm und der Liegeplatz ruhig, und so waren wir dann doch recht fleissig. Das grösste Projekt der letzten Tage war sicherlich das Aufstellen des Heckgestells aus Aluminium. Auf diesem Träger sitzen nun unser Windgenerator, 3 Solarpaneele, die Navtex- und Iridium-Antenne sowie unser Radar mit dem tröstenden Namen Quantum („a Quantum of Solace“ sozusagen). Insgesamt 3 Tage brauchten wir, um den Träger aufzustellen, die Geräte anzubringen und die Elektronik anzuschliessen – aber, siehe da, alles funktioniert! Der Windgenerator Aerogen 4 surrt (zum Glück leise) vor sich hin, die Paneele beten fleissig die Sonne an und unser Radar verbindet sich auf Befehl brav via Wifi mit unserem Kartenplotter. Dass ein nicht genannt sein wollendes Mitglied der Crew den Windgenerator zuerst falsch herum zusammengebaut hat, sodass dieser erst keine Anstalten machte, auch nur einen Wank zu tun, brauchen wir an dieser Stelle ja nicht weiter auszuführen (der Skipper lässt hier hämisch anmerken, bei ihm würden da gewisse Erinnerungen an unsere erste Reise mit der BALU wach)…
 
Spannend war auch der Moment, als wir den teuren neuen Gennaker aus dem Segelsack holten. Es war gerade – zumindest in unserer Wahrnehmung – quasi windstill, also nutzten wir die Gelegenheit das 120m² grosse Tuch zum ersten Mal aufzuziehen. Natürlich huschte im ungünstigsten Moment ein Hauch über das Deck, das Ende des leichten Spinnakersegels entglitt den eifrig, aber vergeblich zugreifenden Händen der Mannschaft und schon hüpfte der Skipper wild auf dem Nachbarsboot herum, an dessen Mast und Salingen unser Gennaker klebte, um der Sache wieder Herr zu werden. Weil wir ziemlich intensiv (und wortkräftig) damit beschäftigt waren, die hektische Situation zu bewältigen, konnten wir uns anschliessend gar nicht  recht entsinnen, ob der Gennaker so aussah wie bestellt und die richtige Musterung hatte. Wir lassen uns dann halt beim ersten „richtigen“ Gennakersetzen unterwegs überraschen.
 
Eigentlich wäre nach Erledigung all dieser spannenden Arbeiten das Wetterfenster für einen Schlag südwärts (nach Hendaye oder Gijon) gut gewesen. Bei unseren Probeschlägen in der Bucht vor La Rochelle mussten wir jedoch feststellen, dass der elektrische Autopilot nicht recht funktionierte. Wir probierten wirklich alles, versuchten, ihn frisch aufzusetzen und zu kalibrieren, aber immer noch führte er unsere OKOUMÉ in wilden, unkontrollierten Schlangenlinien zwischen den anderen Segelbooten und den zahlreichen Fähren hindurch. Zurück im Hafen fanden wir auch keine Lösung für das Problem. Per Klappvelo fuhren wir auf die andere Seite der riesigen Hafenanlage zu Pochon (what else?). Die Leute bei Pochon waren, wie schon bei unserem letzten Besuch, sehr freundlich und hilfsbereit und versorgten uns mit Tipps und Ersatzmaterial für die Fehlersuche. Allerdings waren weder die Ideen noch das Anbringen der Ersatzteile zielführend und Thomas schwang sich insgesamt vier Mal an einem Tag auf den Velosattel, um die Ersatzteile am anderen Ende des Hafens abzuholen und wieder retour zu bringen… Schliesslich warfen die Profis selbst einen Blick auf unsere Autopilotsteuerung und stellten fest, dass auch sie den Fehler nicht sicher lokalisieren konnten. Kurz vor Feierabend lautete die Diagnose dann: Möglicherweise ist der ACU200 (die Computereinheit) defekt.
 
Während wir nun darauf warten, bis das auf Garantie bestellte Ersatzgerät eintrifft (was einige Tage dauern kann, da natürlich das Wochenende dazwischen liegt), wünschen wir euch gute Unterhaltung mit den Fotos zu unseren ersten zwei Wochen an Bord der OKOUMÉ:
Cheerio, Thomas & Regula, La Rochelle, Marina Les Minimes
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Vorbereitungen Teil 3: Farewell-Party

10/6/2018

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Sun, Fun and Something to do!
Am 3. Juni 2018, einem Sonntag, der sommerlich-sonniger nicht hätte sein können, fand sie statt: unsere Farewell-Party. Zugegeben: Der Name war nicht unbedingt Programm, denn wir verlassen die Schweiz ja erst in knapp zwei Monaten und viele der Gäste werden wir nochmals sehen, bevor wir hier definitiv die Zelte abbrechen. Wir haben unsere Abschiedsparty extra etwas früh angesetzt, solange unsere Wohnung noch etwas gemütlich eingerichtet ist und auch, solange noch Gegenstände zum Verschenken vorhanden sind. So war das Ziel der Party – nebst der Hoffnung, dass sich die Gäste entspannen und amüsieren -, dass jede und jeder, der vorbeischaut, etwas aus unserem Haushalt mitnimmt. Unsere Gäste hatten nämlich drei Pflichten: 1. Sie durften keine Geschenke mitbringen (die grosse Ausnahme war Ess- oder Trinkbares, für diejenigen, denen es schwer viel, mit leeren Händen zu kommen). 2. Sie mussten sich in unserer extra eingerichteten Brockenstube bedienen (wer Hemmungen hatte – wie dies ja bei vielen Schweizern verbreitet ist – gratis etwas einzusacken, konnte eine kleine Spende für „Médecins sans Frontières“ hinterlegen). Und 3. sollten sie sich an unserem Quiz zur Farewell-Party versuchen. Über dieses Quiz wollten wir unseren Esstisch mit 6 Stühlen sinnvoll an den Mann (oder die Frau) bringen. Hier nun das Quiz mit den Auflösungen des Skippers in rot:
Das Quiz zur Farewell-Party mit Lösungen.
Die Auswertung der ausgefüllten Fragebogen hatte durchaus Unterhaltungswert – vielen Dank allen, die so kreativ mitgemacht haben! So war zum Beispiel über die Hälfte der Teilnehmer der Ansicht, Frage 2 beziehe sich auf uns zwei und gab an, der erste Klimaflüchtling stamme aus der Schweiz ;-) Besonders hartnäckig hat sich auch die Ansicht gehalten, „Kielholen“ sei das wichtige Manöver, das jeder Böötler beherrschen sollte (Frage 15). Auch „Abfeiern“ und „Umgarnen“ wurden in seltenen Fällen angekreuzt, wobei alle diese Antworten ja irgendwie richtig sind. Weder korrekt noch falsch waren auch die Antwortoptionen zur Frage, was die Besonderheit dieser Farewell-Party sei (Frage 6). Natürlich waren die Gäste äusserst auserlesen und auch die Rücksicht der Nachbarn wurde durch die zuparkierte (= zugeparkte, für Nicht- oder Neo-Schweizer) Garageneinfahrt auf die Probe gestellt. Und auch mit Antwort d) konnte man nichts falsch machen. Die frei formulierten Antworten reichten von „essen und trinken und geniessen“ über „ihr zwei“ zu „ich“. Besonders kreativ war die Gruppe MaMeDi, die Antwort d) angekreuzt, aber nichts eingefüllt hat, wobei man ja nicht sagen kann, dass dies falsch wäre. Die Frage nach den Kilometern an Pontons in der Marina „Les Minimes“ (Frage 4) wurde teilweise elegant umgangen, zum Beispiel mit „so viele, dass ich hier keinen Platz habe für die Lösung“. Jaja... und so eine Antwort stammt von einem Lehrer! Dieselbe Gruppe hat bei Frage 11 hinzugefügt, was es auf der OKOUMÉ nicht gebe, seien „die störenden Nachbarn“ – genau diese werden wir dann vermissen!

Aber nun Spass beiseite. Neben dem Amüsement gibt es vor unserer Abreise noch einiges zu erledigen. Nachdem die Farewell-Party vorbei ist, gibt es keine Ausrede mehr: In wenigen Wochen muss unsere Wohnung leer sein und die Wochenenden sind kurz…

Während wir uns also wieder in die Arbeit stürzen, wünschen wir euch allen eine schöne Vorsommerzeit, so long, take care,
Thomas & Regula

P.S. Die Gewinner des Quiz' sind ermittelt - der Tisch und die Stühle werden demnächst in Thun ihr neues Zuhause finden :-)
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Vorbereitungen Teil 2: Die Zeit des Überwindens

24/3/2018

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Bereit sein, loszulassen

Von vielen Seiten hören wir immer wieder, wir seien mutig, unsere schöne Wohnung, unser Heim hier in der Schweiz aufzugeben, den sogenannt sicheren Job an den Nagel zu hängen, auf Reise zu gehen und uns für eine ungewisse Zukunft zu entscheiden. Diese Feststellung ist für uns irgendwie merkwürdig, denn wir können beteuern: Wir sind überhaupt nicht besonders mutig! Wir versuchen  bloss umzusetzen, was wir wollen.

Es ist wohl Ansichtssache. Für uns scheint es eher „mutig“, darauf zu vertrauen, dass man im regulären Rentenalter noch gesund genug ist, die Dinge anzugehen, von denen man träumt und das Leben lang aufgeschoben hat, in der Annahme, dass einen das Lebensmodell unserer Gesellschaft dies so aufzwinge. Oder ist es, zum Beispiel, nicht genauso mutig, eine Familie zu gründen? Selten hört man jedoch jemand zu einer Schwangeren sagen, sie sei aber mutig…

Unsere geplante Auszeit ist vielleicht etwas ungewöhnlich, aber es braucht unserer Ansicht nach nicht wirklich Mut, sich dafür zu entscheiden. Vielleicht kann man sagen, es braucht eher eine gewisse Bereitschaft. Eine Bereitschaft, mit den Konsequenzen zu leben. Eine Bereitschaft, sich den neuen Lebensstil zu verdienen, einerseits im ganz wörtlichen Sinn,  indem man vielleicht jahrelang Geld zur Seite legt und sparsam lebt. Oder auch in einem übertragenen Sinn: Indem man bereit ist, etwas Bestehendes aufzugeben, um etwas Neuem Platz zu machen, zum Beispiel die Wohnung, die Arbeitsstelle, die bekannte Umgebung, die „sichere Bank“ sozusagen (wobei diese Bank, wenn wir es genau betrachten, wohl nicht so sicher ist, wie wir meist denken).

Dass wir nun wirklich nicht besonders mutig sind, zeigt sich auch an gewissen Punkten auf unserer To-Do-Liste der Reisevorbereitung. Regula, zum Beispiel, schreibt sich für ein Flugangstseminar  ein und fliegt an einem sonnigen Sonntag anfangs März zusammen mit 11 anderen flugangstgeplagten Teilnehmern von Zürich über ein (alp)traumhaftes Alpenpanorama, um in Milano einen kurzen Espresso zu trinken und gleich wieder zurückzukehren. Auch wenn das Seminar sehr spannend war und immens geholfen hat: Fliegen wird bestimmt nie Regulas Lieblingstätigkeit werden, während 4,1 Milliarden Passagiere jährlich sorglos in den Flieger steigen.

Thomas muss sich in einer ganz anderen Sache überwinden: Er, der selten mehr als ein paar kleine Gläser Wasser pro Tag trinkt, muss für eine profilaktische Darmspiegelung literweise einer furchtbaren, abführenden Flüssigkeit in sich hineinschütten. Stundenlang quält er sich mit dem akuten Würgereflex herum - aber es muss sein, denn wir haben uns vorgenommen, vor der Reise einen Gesundheits-Check über uns ergehen zu lassen.

Überwinden müssen wir uns manchmal auch, was unsere schweizerische Angewohnheit der ausgeprägten Höflichkeit und Zurückhaltung angeht. 5  Monate hat unsere OKOUMÉ nun alleine in La Rochelle überwintert.  Als wir Mitte März endlich für eine Woche „Ferien“ zum Schiff fahren, müssen wir leider feststellen, dass die Werft unsere Mängelliste erfolgreich ignoriert hat. Nichts, aber auch wirklich gar nichts, war in dem knappen halben Jahr unserer Abwesenheit am Schiff gemacht worden – trotz diverser Telefonanrufe, E-Mails und Beteuerungen. Für einmal treten wir sehr bestimmt auf und lassen unserem Unmut freien Lauf, stehen erneut bei der Werft auf der Matte und erläutern, dass wir das Vertrauen in Fora Marine verloren hätten. Und siehe da, plötzlich beginnt die Sache zu laufen, die Werftmitarbeiter erscheinen tatsächlich schon am nächsten Morgen bei uns auf dem Schiff, die Mängelliste wird durchgegangen und erste Arbeiten werden auch schon erledigt.

Ehrlich gesagt: Eigentlich nahmen wir das mit den nicht abgearbeiteten Mängeln gar nicht so schwer, denn wir waren froh, unser Boot überhaupt gefunden zu haben! Als wir an jenem Sonntagabend in La Rochelle ankamen, war folgendes geschehen: Nach einer 10-stündigen Autofahrt sind wir müde, aber froh, ohne nennenswerte Vorfälle gut angekommen zu sein. Die 4m lange Aluminiumstange, die wir für das zukünftige Heckgestell benötigen und die wir auf das Autodach gebänzelt hatten, hat die Autofahrt auch gut überstanden. Der Kartonschutz und die Plastikumhüllung an den Rohrenden sind zwar durch den stürmischen Wind und Regen recht weich geworden und beginnen, in langen Fahnen vom Auto zu wehen – aber nun sind wir ja da. In der Capitainerie lassen wir uns den Zugangscode zu unserem Steg geben. Gemäss Angaben von Cyrille, der während unserer Abwesenheit ein Auge auf unser Boot hatte, liegt unsere OKOUMÉ nun nicht mehr am Steg der Werft, sondern an unserem neuen Jahresplatz: „Ponton 21, Place 76“ (*korrekter Platz der Redaktion bekannt*). Schnell öffnen wir das Tor zum Steg und laufen zügig den langen Ponton entlang – doch Platz 76 ist leer! Erster Unmut steigt in uns auf: Hat die Werft das Boot nun doch zu spät auf das Trockene gestellt, um daran zu arbeiten, und noch nicht wieder eingewassert? Oder liegt es noch am alten Platz? Mit unserer wehenden Fahne auf dem Autodach fahren wir, während es schon eindunkelt, die riesige Hafenanlage ab, suchen an den bekannten Plätzen im Wasser und zu Land, doch nirgends ist eine Spur von unserem Boot zu finden. Langsam werden wir nervös, rufen sämtliche Kontakte bei Fora Marine an, die wir haben. Es ist Sonntag und natürlich niemand zu erreichen. Wir hinterlassen diverse Nachrichten (sogar auf dem Handy des Direktors der Werft).

Da wir unser Boot nicht finden, bleibt uns nichts anderes übrig, als uns in einem Hotel einzubuchen. Anschliessend schlendern wir durch die Innenstadt und versuchen, unsere mulmigen Mägen mit einem warmen Happen im „Ragazzi da Peppone“ zu beruhigen. Dann erreicht uns eine SMS von Maxime, dem Verkaufsleiter von Fora Marine. Unser Boot müsse am Steg 21, Platz 76  sein, er habe es selbst am Tag zuvor an diesen Platz gebracht. Regula wird nun definitiv bleich im Gesicht und auch Thomas schaut mit grossen Augen auf die Nachricht. Was, wenn das Boot gestohlen wurde? Wir haben eine Versicherung abgeschlossen, natürlich, aber zahlt diese und wenn ja, wann? Wie würden wir auf die Schnelle ein anderes Boot finden? Könnten wir uns überhaupt mit dieser Idee anfreunden? Wir haben unsere Wohnung per September vermietet und unsere Jobs auf Ende Juli gekündigt… Unkontrollierbar schwirren uns diese Gedanken durch den Kopf.

Nach einem klärenden Telefongespräch mit Maxime ergibt sich jedoch: Wir hatten uns in der grossen Marina verlaufen! Das Eingangstor zum Steg 21 ist das gleiche, wie um zum Steg 20 zu gelangen. Anstatt nach dem Abgang scharf links abzubiegen, waren wir – müde nach der langen Fahrt – geradeaus gelaufen, auf den falschen Steg, nämlich Steg 20. Der Zufall wollte es, dass ausgerechnet am Steg 20, der sonst voll besetzt ist, der Platz 76 leer stand. Als wir endlich den richtigen Weg gefunden haben und unsere OKOUMÉ sicher am Ponton 21, Platz 76, vorfinden, fällt uns ein Stein vom Herzen.

Mut hat es für diese Aktion nicht gebraucht – aber sicherlich die Bereitschaft, Peinlichkeiten in Kauf zu nehmen.

Bis zum nächsten Bericht (und jemand lasse mal den Frühling herein), herzlich
Thomas & Regula
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Vorbereitungen Teil I: Das Boot - was lange währt...

15/1/2018

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Work in progress: Mit etwas Fantasie und einem guten Schuss Rum im Glas lässt sie sich hier schon erkennen: unsere neue OKOUMÉ.
Wir haben sie alle erfolgreich ignoriert, die verschiedenen Berichte über Kinderkrankheiten neuer Boote. Voller Vorfreude und Aufregung gaben wir das wichtigste für unsere Segelreise in Auftrag: das neue Segelboot. Bei Fora Marine in Frankreich, einer vertrauenerweckenden, eher überschaubaren Werft mit familiärem Arbeitsklima, platzierten wir unsere Bestellung. Es sollte die RM1070 sein, ein Segelboot mit Rumpf aus Sperrholz-Epoxy, das es uns aufgrund der beschriebenen Segeleigenschaften, Seetüchtigkeit, sportlicher Leichtigkeit und modernem und doch einladend wohnlichem Design schon seit längerer Zeit sehr angetan hatte. Der Liefertermin wurde auf den 3. September 2017 festgesetzt, und wir gaben uns, wider besseren Wissens, der schönen Illusion hin: neues Boot und neue Ausrüstung gleich keine Altlasten und keine Probleme. So problemlos sollte sich die Bootsübergabe dann aber doch nicht gestalten... Und wenn wir ehrlich sind, hatten wir schon so unsere Vorahnungen, denn wenn wir auf unserer früheren Reise eines gelernt hatten, dann, dass es kein Boot gibt, an das man nicht dann und wann den Schraubenschlüssel ansetzen muss, sei es nun alt oder neu.
 
Zuerst verschob sich der ausgemachte Liefertermin mehrere Male, wovon wir jeweils gerade noch rechtzeitig erfuhren, um das gebuchte Hotel stornieren und mit einigem Hin- und Her die Ferienplanung mit unseren Arbeitgebern überholen zu können. Schliesslich standen wir da, in La Rochelle, wo unser Boot ausgeliefert werden sollte, und fanden es noch aufgebockt an Land vor. Es stand draussen auf dem Werftgelände und bereits auf den ersten Blick wurde uns klar: Dieses Schiff geht heute und morgen nicht ins Wasser. Es fehlte noch so einiges: die wichtigsten Beschläge, der Bugspriet, die Reling, sämtliche Elektronik, das Unterwasser war noch nicht geprimert (von Antifouling ganz zu schweigen) und im Innenbereich herrschte noch komplett Baustelle. Immerhin schien die Sonne und liess die Farben des Rumpfes („diamond white“ mit smaragdgrüner Dekorlinie) glitzern und glänzen. Die Farben waren wirklich perfekt gespritzt worden und sahen zusammen sehr harmonisch aus, doch die Sonne förderte noch etwas weniger Erfreuliches ans Tageslicht: Die Kanten des Multi-Knickspants waren nicht gerade schön, um nicht zu sagen eher grobschlächtig, ausgearbeitet worden. Besonders im hinteren Drittel backbords waren böse Wellen sichtbar. Der zuständige Werftarbeiter muss beim Spachteln und Schleifen an dieser Stelle wohl immer mal wieder eingenickt sein…Auf ca. 2m Länge war die Kante gedellt wie Wellblech. Maylis, die Kundenbetreuerin bei Fora Marine, die mit uns die Besichtigung durchführte, meinte charmant, wir sollten das Boot in diesem schonungslosen Licht halt einfach von der anderen, besseren Seite her betrachten. Sie selbst habe 5 Jahre lang auf Martinique gelebt und schaue daher immer „on the sunny side of life“. Diese Devise war uns ja durchaus sympathisch, hatten wir doch selbst mehr als ein Jahr in der Karibik zugebracht, vermochte uns in diesem Moment jedoch nicht so recht zu trösten (der Direktor von Fora Marine sagte uns später zu, dass unsere OKOUMÉ im Winter für die Überarbeitung der Kanten noch einmal in die Werft gebracht würde).
 
Während der nächsten 2 Tage wurde dann wirklich mit Hochdruck an unserem Boot gearbeitet und dem Einwassern wäre nichts mehr im Weg gestanden, hätte man nicht noch im letzten Moment bemerkt (als das Boot bereits am Kran hing), dass der Rumpfdurchbruch für das Echolot fehlte… Einen Tag später ging es dann aber definitiv ins Wasser und gerade noch rechtzeitig zum Wochenende hin konnten wir vom Hotel auf unser neues Boot umziehen. Wir mussten zwar noch im Salon schlafen, da die Abdeckungen für die Kojen in der Vor- und Achterkabine vergessen wurden, es hingen noch die Kabel von der Decke und um uns stapelten sich die Kartonschachteln mit Geräten, die noch verbaut werden mussten, und doch: Bereits nach kurzer Zeit fühlten wir uns schon fast wie zuhause. Wie schön war es doch, das erste Mal an Bord zu kochen, das erste Mal auf dem Salonpolster zu liegen, durch die grosszügige Luke in den Sternenhimmel zu gucken und dem Plätschern an der Bordwand zu lauschen.
 
Unsere zweite „Ferienwoche“, die wir an Bord unserer Baustelle verbrachten, war sehr kurzweilig. Die Logistik à la Fora Marine entzog sich zwar unserem Verständnis von Logik (warum hatte man die Heizung nicht eingebaut, als der Innenausbau noch nicht fertig war und die Abdeckungen noch offen lagen, und wie wollte man den weiteren Rumpfdurchbruch für den zukünftigen Wassermacher bohren, während das Schiff schon im Wasser lag?), wir lernten aber auch viele nette Leute kennen, die an unserem Boot arbeiteten. So zum Beispiel den fleissigen Elektronikinstallateur David, der seine Aufgaben sehr gewissenhaft ausführte und auch auf unsere Extrawünsche einging, oder Cyrille und Cyrille (die wirklich beide gleich heissen) von „Select Yacht“, die im Auftrag von Fora Marine für das Einwassern und Rigging zuständig waren und die wir insgeheim zu unseren Troubleshootern ernannten, da sie immer mal wieder zurechtbogen, was von der Werft übersehen worden war. Auch Mailys war sehr engagiert. Sie konnte sich vor Arbeit zwar kaum retten und war ständig damit beschäftigt, die vielen Feuer zu löschen, die sich gerade entzündeten, war aber trotzdem immer sehr freundlich, zuvorkommend und guten Mutes. Am Ende der zwei Wochen in La Rochelle fuhren wir also mit gemischten Gefühlen nachhause.
 
Inzwischen waren wir schon zum zweiten Mal bei unserem Boot: Während einer Woche Ferien anfangs November mussten wir zwar (nicht ganz unerwartet) feststellen, dass noch so einige Arbeiten unabgeschlossen waren und es schien uns manchmal, dass die Mängelliste eher länger würde als kürzer. Dennoch verbrachten wir ein paar wunderschöne Tage an Bord. Die offizielle Übergabe konnte nun endlich stattfinden und Cyrille (der dafür zuständig war), nahm sich viel Zeit. Cyrille begleitete uns auch auf der ersten Ausfahrt, bei der wir mehrere Stunden lang auf den unterschiedlichsten Kursen die verschiedenen Segelstellungen ausprobierten. Die ersten Segelmeilen mit unserer OKOUMÉ waren ein unglaublich schönes und vertrauenerweckendes Erlebnis (trotz der zu kurzen Grossschot…). Es war einfach toll, zu erfahren, wie schnell das Boot beschleunigte und wie stabil es sich dabei bewegte. Das schönste an der ersten Ausfahrt aber war, dass unsere Freunde Gaby und Stefan von der PAS DE DEUX dabei waren. Die beiden, die wir während der letzten Reise mit der BALU kennengelernt hatten, waren extra von Deutschland angereist, um uns zu unterstützen. Sie stellten sich als Taufpaten zur Verfügung, überraschten uns mit einer Girlande, die sie heimlich organisiert hatten und schmückten die OKOUMÉ stilgerecht für die Bootstaufe, die wir am Abend nach der ersten Ausfahrt durchführten. Es war ein sehr schöner und stimmiger Anlass. Zu der heimeligen Stimmung, die auch die kühle Novembernacht nicht trüben konnte, trugen zudem die Besuche von Cyrille und Cyrille sowie von Maxime und Katy (Verkaufsleiter beziehungsweise Buchhalterin bei Fora Marine) bei. Lieben Dank nochmals, euch allen!
 
Nun sind wir gespannt, was uns das Jahr 2018 bringen wird. Ob Fora Marine die Mängelliste wie versprochen abarbeiten wird? Spätestens anfangs März, wenn wir wieder nach La Rochelle fahren, werden wir es wissen. Das kreative Chaos rund um Fora Marine geht uns zwar manchmal gehörig auf die Nerven. Und doch müssen wir feststellen: Wäre die Bootsübergabe reibungslos verlaufen, wären wir um zahlreiche „schöne“ Geschichten ärmer (noch viele solcher Geschichten mehr brauchen wir aber, zugegeben, nicht unbedingt).

Während wir uns wieder fleissig in die Arbeit stürzen, Geld sparen, und unsere To-Do-Listen zuhause in der Schweiz abarbeiten, wünschen wir euch nun gute Unterhalten mit den Impressionen zu unseren ersten Erlebnissen mit unserer neuen OKOUMÉ.
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Bis zu unserem nächsten Beitrag, herzlichi Grüess, Thomas & Regula
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